1Da klingt schon viele Jahr kein Glas,
2Kein Kegel fällt, keine Karten,
3Wächst aber schön lang Gras.
4Ich mutterseelalleine
5Sazt' mich an einen langen Tisch;
6Der Schloßwirth regt die Beine,
7Vom Rothen bringt er frisch.
8Und läßt sich zu mir nieder;
9Von alten Zeiten red't man viel,
10Man seufzet hin und wieder;
11Der Schöpplein wird kein Ziel.
12Da nun der Tag gegangen,
13Der Schloßwirth sagt kein Wörtlein mehr;
14Neun Lichter thät er langen,
15Neun Stühle sezt er her.
16Als wie zum größten Feste
17Auftischt er, daß die Tafel kracht:
18Was kämen noch für Gäste?
19Ist doch schier Mitternacht!
20Der Narr, was kann er wollen?
21Er macht sich an die Kugelbahn,
22Läßt eine Kugel rollen,
23Ein Höllenlärm geht an.
24Es fahren gar behende
25Acht Kegel hinter'm Brett herauf,
26Schrei'n: Hagel und kein Ende!
27Wer Teufel weckt uns auf?
28Und waren acht Studiosen,
29Wohl aus der Zopf- und Puderzeit:
30Rothe Röcklein, kurze Hosen,
31Und ganz charmante Leut'.
32Die sehen mit Ergetzen
33Den edelen Karfunkelwein,
34Gleich thäten sie sich letzen
35Und zechen und juchhein.
36Den Wirth erbaut das wenig;
37Er sprach: Ihr Herren, wollt verzeihn:
38Wo ist der Schoppenkönig?
39Wann seyd Ihr denn zu Neun?
40Ach Küper, lieber Küper!
41Wie machest uns das Herze schwer!
42Wohl funfzig Jahr und drüber
43Begraben lieget er.
44Gott hab' den Herren selig,
45Mit seiner rothen Habichtsnas'!
46Regierete so fröhlich,
47Kam Tags auf sieben Maß.
48Einst thät er uns bescheiden,
49Sprach: Männiglich kennt mein Gebot:
50Den Gerstensaft zu meiden;
51Man büßet's mit dem Tod.
52Mit ein paar lausigen Dichtern
53Traf man beim sauren Bier euch an,
54Versteht sich, nudelnüchtern,
55Wohl auf der Kugelbahn.
56Kommt also her, ihr Lümmel!
57— Er zog sein' Zauberstab herfür —
58Wir stürzten wie vom Himmel —
59Acht Kegel waren wir!
60Jezt ging es an ein Hudeln,
61Einen hölzern König man uns gab,
62Doch schoß man nichts wie Pudel,
63Da schafften sie uns ab. —
64Nun dauert es nicht lange,
65So zieht das Burschenvolk einmal
66Auf's Schloß mit wildem Sange,
67Zum König in den Saal:
68Wir woll'n dich Lands verweisen,
69So du nicht schwörest ab den Wein;
70Bierkönig sollt du heißen!
71— Er aber saget: Nein;
72Da habt ihr meine Krone!
73An mir ist Hopfen und Malz verlor'n. —
74So stieg er von dem Throne
75In seinem edlen Zorn.
76Für Kummer und für Grämen
77Der Herre wurde krank und alt,
78Zerfiele wie ein Schemen
79Und holt der Tod ihn bald.
80Mit Purpur ward gezieret
81Sein Leichnam als ein König groß;
82Ein tief Gewölb man führet
83Zu Tüwingen im Schloß.
84Vier schwarze Edelknaben
85Sein' Becher trugen vor der Bahr';
86Der ist mit ihm begraben,
87War doch von Golde gar.
88Damal ward prophezeihet:
89Wenn nur erst hundert Jahr herum,
90Da würd' der Thron erneuet
91Vom alten Königthum.
92So müssen wir halt warten,
93Bis daß die Zeit erfüllet was;
94Und in des Schloßwirths Garten
95Derweil wächst langes Gras.
96Ach Küper, lieber Küper!
97Jezt geige du uns wieder heim!
98Die Nacht ist schier vorüber:
99Acht Kegel müssen wir seyn.
100Der Schloßwirth nimmt die Geigen
101Und streicht ein
102Sie tanzen einen Reigen
103Und Keiner ist mehr da.