Friedrich Nietzsche: Die kleine Hexe (1882)

1 So lang noch hübsch mein Leibchen,
2 Lohnt sichs schon, fromm zu sein.
3 Man weiss, Gott liebt die Weibchen,
4 Die hübschen obendrein.
5 Er wird’s dem art’gen Mönchlein
6 Gewisslich gern verzeihn,
7 Dass er, gleich manchem Mönchlein,
8 So gern will bei mir sein.

9 Kein grauer Kirchenvater!
10 Nein, jung noch und oft roth,
11 Oft gleich dem grausten Kater
12 Voll Eifersucht und Noth!
13 Ich liebe nicht die Greise,
14 Er liebt die Alten nicht:
15 Wie wunderlich und weise
16 Hat Gott dies eingericht!

17 Die Kirche weiss zu leben,
18 Sie prüft Herz und Gesicht.
19 Stäts will sie mir vergeben: —
20 Ja wer vergiebt mir nicht!
21Man lispelt mit dem Mündchen,
22 Man knixt und geht hinaus
23 Und mit dem neuen Sündchen
24 Löscht man das alte aus.

25 Gelobt sei Gott auf Erden,
26 Der hübsche Mädchen liebt
27 Und derlei Herzbeschwerden
28 Sich selber gern vergiebt!
29 So lang noch hübsch mein Leibchen,
30 Lohnt sich’s schon, fromm zu sein:
31 Als altes Wackelweibchen
32 Mag mich der Teufel frein!

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:

Friedrich Nietzsche (1844-1900)

* 10/15/1844 in Röcken, † 08/25/1900 in Weimar

männlich, geb. Nietzsche

- Neurolues

deutscher Philosoph und klassischer Philologe (1844–1900)

(Aus: Wikidata.org)

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