Christian Hofmann von Hofmannswaldau: Asträens durch vier halb-götter ge- stütztes ehren-bild/ als vier gute freun- de in Leipzig A. 1699 beyder rechten Doctores wurden (1703)

1Paris/ das andre Rom/ hat auch der Römer sitten/
2Und läst sie sonderlich umb seinen könig schaun;
3Es würde/ wenn es nur die christen-regeln litten/
4Jhm leicht als einem GOtt altar und tempel baun.
5Nur neulich hat es noch mit tausend pracht gezeiget/
6Wie hoch die Majestät/ wie groß der bürger treu/
7Und wie ein Königs-thron/ der alles übersteiget/
8Nur nach gemeiner art nicht zu verehren sey.
9Es hatte diese stadt ein bild aus ertz gegossen/
10Umb seinem Ludewig ein ehren-mal zu seyn.
11Das werck war auffgeführt/ und auch beglückt geschlossen/
12Und endlich weyhte man es diesem König ein.
13Bey dieser handlung ward ein tempel angeschauet/
14In dem man ebenfalls des königs bildniß fand/
15Und war das gantze werck auff felsen auffgebauet/
16Auff derer härtigkeit es unbeweglich stand.
17Vier helden/ die man einst den göttern zugesellet/
18Die nahmen ihren platz auff allen seiten ein.
19Hieher war Hercules/ dort Perseus hingestellet/
20Hier stund des Theseus bild/ dort muste Jason seyn.
21Manch sinnbild war hierbey von kluger hand geschehen/
22Es fehlte über diß an ehren-pforten nicht/
23Und unten liessen sich die wasser-götter sehen/
24Die voll verwunderung ihr haupt empor gericht.
25Jhr die ihr an dem strand der schnellen Pleisse wohnet/
26Und heute fast bestürtzt von ihrem ufer geht/
27Da freud und jubel-ruff auch wolcken nicht verschonet/
28Indem die weite lufft voll schall uud jauchzen steht;
29Jhr/ sag ich/ die ihr gleich den triessenden Najaden
30Jtzt mit verwunderung das frohe haupt erhebt/
31Und die der glocken klang zu einem fest geladen/
32Von dessen herrlichkeit ihr alle zeugniß gebt:
33Was seht ihr anders sonst? was kommt euch zu gesichte/
34Als ein dergleichen werck/ wie nächst Paris geschaut?
35Das alles/ was so strahlt vor eurem augen-lichte/
36Hat man Astrœens bild zum tempel aufferbaut.
37Denn weil die Themis hier in gar so viel gerichten
38Sonst nichts zu üben pflegt als recht und billichkeit/
39Weiß sich die linden-stadt nicht besser zu verpflichten/
40Als daß sie diesen tag zu ihrem feste weyht.
41Ein felsen ist der grund/ auff dem ihr tempel stehet/
42Denn die gerechtigkeit pflegt felfen gleich zu seyn:
43Sie sinckt nicht/ wenn ein sturm der wellen auff sie gehet/
44Und es erweicht sie auch kein heisser sonnenschein.
45Die helden/ welche hier den bau der ehren stützen/
46Seyd ihr/ gedoppeltes und halbes götter-paar/
47Astrœens bildniß kan auff euch geruhig sitzen/
48Jhr nehmt ihr theures wohl auff allen seiten wahr.
49Mein Svendendörffer/ du bist Hercules zu nennen/
50Weil du die üppigkeit und faulheit stets bekriegt/
51Und sie zwo schlangen gleich/ die andre gifftig brennen/
52Fast in der wiege schon/ wie Hercules besiegt.
53Und fragt man/ was davor das glücke dir beschieden?
54So heist dein purpur mich dergleichen deutung thun:
55Es wird/ wenn einsten ja dein atlas solt’ ermüden/
56Der ehren-himmel denn auff deinen schultern ruhn.
57Du/ werther Frise/ hast das unrecht überwunden/
58So wie der Perseus einst Medusen hat gefällt/
59Demnach wer deinen witz und klugheit hat empfunden/
60Wird durch verwundern fast in einen stein verstellt.
61Die arbeit/ wenn sie noch so schwer und hart gewesen/
62Hast du durch steten fleiß erleget und besiegt/
63Dir zur Andromeda die Themis auserlesen/
64Und dich und sie dadurch den sternen beygefügt.
65Weil/ kluger Götze/ dich die weißheit seltner sachen/
66Der sprachen wissenschafft/ und gründliche verstand/
67Den du in rechten hast/ bereits zum abgott machen/
68Wird halb-gott Theseus auch dir billich zuerkant.
69Statt Ariadnens hat die tugend dich geführet
70Jm labyrinth/ viel sich sonst vergebens mühn/
71Und hat des Theseus arm Athen geschickt regieret/
72Wird unser Pleiß-Athen dich auch zu ehren ziehn.
73Und du/ mein Stiglitz/ bist dem Jason zu vergleichen/
74Dein schiff ist müh und fleiß/ du theurer rechtens-sohn/
75Du hast die segel stets nach Colchis lassen streichen/
76Drum trägst du auch anitzt das göldne vließ davon.
77Und hast du diesen schatz und solche kostbarkeiten/
78So wird gewiß dir auch Medea nicht entgehn:
79Sie mag dir nun ein amt/ sie mag ein weib bedeuten;
80Genug/ daß beydes sol zu deinen diensten stehn.
81Wohlan! die Königin der rechte ist vergnüget/
82Daß ihr geweyhter thron so feste stützen führt/
83Und die gerechtigkeit auff solchen felsen liget/
84Auff derer spitze man nichts von erschüttern spürt.
85Euch aber lasse nur der himmel alles schauen/
86Was/ werthesten/ diß blat euch wollen prophezeyn/
87Und ich wil noch zuletzt den sieges-bogen bauen/
88Worauff die beyschrifft sol von solchem innhalt seyn:
89Schaut/ diese tragen hier mit unermüdtem rücken
90Vier starcken pfeilern gleich Astrœens ehren-bild/
91Und daß sie diese last nicht sol beschwerlich drücken/
92Sind ihre schultern itzt in purpur eingehüllt.

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:
Author

Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1616-1679)

* 01/01/1616 in Breslau, † 04/18/1679 in Breslau

männlich

deutsch-schlesischer Lyriker und Epigrammatiker, Politiker und Diplomat

(Aus: Wikidata.org)

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