1Sechs Begünstigte des Hofes
2Fliehen vor des Kaisers Grimme,
3Der als Gott sich lässt verehren,
4Doch als Gott sich nicht bewähret:
5Denn ihn hindert eine Fliege
6Guter Bissen sich zu freuen.
7Seine Diener scheuchen, wedlend,
8Nicht verjagen sie die Fliege.
9Sie umschwärmt ihn, sticht und irret
10Und verwirrt die ganze Tafel,
11Kehret wieder wie des hämischen
12Fliegengottes Abgesandter.
13Nun! so sagen sich die Knaben,
14Sollt’ ein Flieglein Gott verhindern?
15Sollt’ ein Gott auch trinken, speisen,
16Wie wir andern. Nein, der Eine
17Der die Sonn’ erschuf, den Mond auch,
18Und der Sterne Glut uns wölbte,
19Dieser ist’s, wir fliehn! — Die zarten
20Leicht beschuht, beputzte Knaben
21Nimmt ein Schäfer auf, verbirgt sie,
22Und sich selbst in Felsenhöhle.
23Schäfershund er will nicht weichen,
24Weggescheucht, den Fuss zerschmettert,
25Drängt er sich an seinen Herren,
26Und gesellt sich zum Verborgnen,
27Zu den Lieblingen des Schlafes.
28Und der Fürst dem sie entflohen,
29Liebentrüstet, sinnt auf Strafen,
30Weisset ab so Schwerdt als Feuer,
31In die Höhle sie mit Ziegeln
32Und mit Kalk sie lässt vermauern.
33Aber jene schlafen immer,
34Und der Engel, ihr Beschützer,
35Sagt, vor Gottes Thron, berichtend:
36So zur Rechten, so zur Linken
37Hab’ ich immer sie gewendet,
38Dass die schönen, jungen Glieder
39Nicht des Moders Qualm verletze.
40Spalten riss ich in die Felsen
41Dass die Sonne steigend, sinkend,
42Junge Wangen frisch erneute.
43Und so liegen sie beseligt. —
44Auch, auf heilen Vorderpfoten,
45Schläft das Hündlein süssen Schlummers.
46Jahre fliehen, Jahre kommen,
47Wachen endlich auf die Knaben
48Und die Mauer, die vermorschte,
49Altershalben ist gefallen.
50Und Jamblika sagt, der Schöne,
51Ausgebildete vor allen,
52Als der Schäfer fürchtend zaudert:
53Lauf ich hin! und hol’ euch Speise,
54Leben wag’ ich und das Goldstück! —
55Ephesus, gar manches Jahr schon,
56Ehrt die Lehre des Propheten
57Jesus. (Friede sey dem Guten.)
58Und er lief, da war der Thore
59Wart und Thurn und alles anders.
60Doch zum nächsten Beckerladen
61Wandt’ er sich nach Brot in Eile. —
62Schelm! so rief der Becker, hast du,
63Jüngling, einen Schatz gefunden!
64Gieb mir, dich verräth das Goldstück,
65Mir die Hälfte zum Versöhnen!
66Und sie hadern. — Vor den König
67Kommt der Handel; auch der König
68Will nur theilen wie der Becker.
69Nun bethätigt sich das Wunder,
70Nach und nach, aus hundert Zeichen.
71An dem selbsterbauten Pallast
72Weiss er sich sein Recht zu sichern.
73Denn ein Pfeiler durchgegraben
74Führt zu scharfbenamsten Schätzen.
75Gleich versammlen sich Geschlechter
76Ihre Sippschaft zu beweisen.
77Und als Ururvater prangend
78Steht Jamblikas Jugendfülle.
79Wie von Ahnherrn hört er sprechen
80Hier von seinem Sohn und Enkeln.
81Der Urenkel Schaar umgiebt ihn,
82Als ein Volk von tapfern Männern,
83Ihn den jüngsten zu verehren.
84Und ein Merkmal übers andre
85Dringt sich auf, Beweis vollendend;
86Sich und den Gefährten hat er
87Die Persönlichkeit bestätigt.
88Nun, zur Höhle kehrt er wieder,
89Volk und König ihn geleiten. —
90Nicht zum König, nicht zum Volke
91Kehrt der Auserwählte wieder:
92Denn die Sieben, die von lang’ her,
93Achte waren’s mit dem Hunde,
94Sich von aller Welt gesondert,
95Gabriels geheim Vermögen
96Hat, gemäss dem Willen Gottes,
97Sie dem Paradies geeignet,
98Und die Höhle schien vermauert.