Kaspar von Stieler: 1. (1660)

1Der du mich üm mein Lieben schiltst
2und meinen Vers nicht achten wiltst/
3weil ich ihn habe weich geschrieben:
4Hör an/ was mich darzu getrieben.

5Ich bildte mir auch erstlich ein/
6ich wolt’ als du tuhst/ ernstlich sein:
7ich hatte mich der Lieb’ entzogen/
8indehm hat Amor mich betrogen.

9Er stellte mir die Götter-Zier
10der himmlischen Dorinden für:
11Das Milch-blat der Zinnober-Wangen
12hat meinen wilden Geist gefangen.

13Ich glaube nicht/ daß Jupiter
14noch iezund in dem Himmel wer’
15im fall’ er ihrer Gaben Wesen
16aus meinem Herzen könnte lesen.

17Sollt’ iezt ein göldner Apfel sein/
18Du/ Troja/ hättest nicht zuklagen/
19werstu um dieses Bild zerschlagen.

20Ich weiß es/ Leipzig/ was du bist/
21daß in dir manche Göttin ist:
22Noch keine kan Dorinden gleichen/
23noch keiner darf Dorinde weichen.

24Willtu ein Meister stükkchen tuhn/
25komm her/ Apelles/ mahle nun/
26du darffst dem Gräzien nicht trauen.
27Hier kanstu Venus gleichen schauen.

28Doch was? dein Pinsel ist zu schlecht/
29gib dich nur an fürmeinen Knecht/
30wo man dir soll dein künstlich mahlen

31Die Tugend/ den beqveemen Geist/
32den sie in ihrem Wesen weist/
33kan keine Mahlerey nicht treiben:
34Deß Geistes Kiel muß sie beschreiben.

35Diß ist mir so ins Herz gelegt/
36diß ist mir so ins Herz gepregt/
37daß ich viel lieber wolt’ erblassen/
38als ab-von ihrem Ruhme-lassen.

39Ich achte keiner Lorber-Kron’
40im fall ich nicht der Myrten Lohn
41aus Jhren Händen solt’ empfangen.

42Nu bin ich/ Föbus/ wieder dich.
43Kupido/ du sollst krönen mich:
44Ich weiß es wird mich um Pyrenen

(Filidor der Dorfferer [i. e. Stieler, Kaspar von]: Die Geharnschte Venus. Hamburg, 1660.Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:

Kaspar von Stieler (1632-1707)

* 08/02/1632 in Erfurt, † 06/24/1707 in Jena

männlich, geb. Stieler

deutscher Gelehrter und Sprachwissenschaftler

(Aus: Wikidata.org)

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