Friedrich Schiller: Ehret die Frauen! sie flechten und weben Titel entspricht 1. Vers(1782)

1Ehret die Frauen! sie flechten und weben
2Himmlische Rosen ins irdische Leben,
3Flechten der Liebe beglückendes Band,
4Und in der Grazie züchtigem Schleier
5Nähren sie wachsam das ewige Feuer
6Schöner Gefühle mit heiliger Hand.

7Ewig aus der Wahrheit Schranken
8Schweift des Mannes wilde Kraft,
9Unstet treiben die Gedanken
10Auf dem Meer der Leidenschaft.
11Gierig greift er in die Ferne,
12Nimmer wird sein Herz gestillt,
13Rastlos durch entlegne Sterne
14Jagt er seines Traumes Bild.

15Aber mit zauberisch fesselndem Blicke
16Winken die Frauen den Flüchtling zurücke,
17Warnend zurück in der Gegenwart Spur.
18In der Mutter bescheidener Hütte
19Sind sie geblieben mit schamhafter Sitte,
20Treue Töchter der frommen Natur.

21Feindlich ist des Mannes Streben,
22Mit zermalmender Gewalt
23Geht der wilde durch das Leben,
24Ohne Rast und Aufenthalt.
25Was er schuf, zerstört er wieder,
26Nimmer ruht der Wünsche Streit,
27Nimmer, wie das Haupt der Hyder
28Ewig fällt und sich erneut.

29Aber, zufrieden mit stillerem Ruhme,
30Brechen die Frauen des Augenblicks Blume,
31Nähren sie sorgsam mit liebendem Fleiß,
32Freier in ihrem gebundenen Wirken,
33Reicher als er in des Wissens Bezirken
34Und in der Dichtung unendlichem Kreis.

35Streng und stolz sich selbst genügend,
36Kennt des Mannes kalte Brust,
37Herzlich an ein Herz sich schmiegend,
38Nicht der Liebe Götterlust,
39Kennet nicht den Tausch der Seelen,
40Nicht in Tränen schmilzt er hin,
41Selbst des Lebens Kämpfe stählen
42Härter seinen harten Sinn.

43Aber, wie leise vom Zephir erschüttert
44Schnell die äolische Harfe erzittert,
45Also die fühlende Seele der Frau.
46Zärtlich geängstigt vom Bilde der Qualen,
47Wallet der liebende Busen, es strahlen
48Perlend die Augen von himmlischem Tau.

49In der Männer Herrschgebiete
50Gilt der Stärke trotzig Recht,
51Mit dem Schwert beweist der Scythe,
52Und der Perser wird zum Knecht.
53Es befehden sich im Grimme
54Die Begierden wild und roh,
55Und der Eris rauhe Stimme
56Waltet, wo die Charis floh.

57Aber mit sanft überredender Bitte
58Führen die Frauen den Szepter der Sitte,
59Löschen die Zwietracht, die tobend entglüht,
60Lehren die Kräfte, die feindlich sich hassen,
61Sich in der lieblichen Form zu umfassen,
62Und vereinen, was ewig sich flieht.

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Author

Friedrich Schiller (1759-1805)

* 11/10/1759 in Marbach am Neckar, † 05/09/1805 in Weimar

männlich, geb. Schiller

natürliche Todesursache - Tuberkulose

deutscher Dichter, Philosoph und Historiker

(Aus: Wikidata.org)

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