Friedrich von Logau: 3. (1630)

1Man hält mir nicht für gut die Poesie zu üben;
2Das Buch, das grosse Buch, darinnen auffgeschrieben
3Der Römer langes Recht, solt eher meine Hand
4Durchsuchen, daß darauff sich gründe mein Verstand.
5Ists etwan ungesund, auff Speisen, die da nähren,
6Zu Zeiten frisches Obst erquicklich zu verzehren?
7Die edle Poesie ermuntert Sinn und Geist,
8Daß er greifft an mit Lust, was schwer und wichtig heist.
9Das nöthigst ist das Brot; doch läst man gleichwohl gelten
10Die weit gereiste Würtz und sonsten, was da selten
11In unsre Kuchel kummt; man günnet auch der Lust,
12Bedarff es nicht Natur, zu Zeiten eine Kost.
13Der heilsame Verstand, daß einer züchtig lebe,
14Niemanden Schaden thu und iedem gleiches gebe,
15Ist nöthig, als wol was; doch steht es gleichwol frey,
16Zu salzen Kunst und Witz durch die Poeterey.
17Weil Recht ein Knecht ietzt ist, dem Frevel hat zu schaffen,
18Weil eignen Willens Zaum pflegt frey verhenckt zu schlaffen,
19Weil Mars das Rothe stellt und auch das Schwartze setzt,
20Weil er Gesetz erklärt, wann er den Degen wetzt,
21Dieweil er Urtheil fällt, nach dem der Sieg gefallen,
22Weil grober Stücke Knall und holen Ertztes schallen
23Viel klagens nicht gestehn: So sey es mir vergunt,
24Auff daß der Zeiten Weh, darinnen wenig Grund
25Zum from seyn übrig ist, ich etwas mag besüssen
26Durch das, was ieder Zeit für ein gerühmtes wissen
27Geschätzet war und wird. Man lasse mir die Lust,
28Die, wo sie wenig bringt, noch weniger doch kost.
29Sie wird mir nützer seyn, als Mägden zu gefallen,
30Als in der geilen Brunst der Uppigkeiten wallen,
31Als eingeschrieben seyn in frevlen Raube-Bund,
32Der durch gebrauchten Trotz der Welt hilfft auff den Grund,
33Als daß mein Sinn im Wein, und Wein schwümm in dem Sinne,
34Als daß der Spieler Dank, der schlecht ist, ich gewünne,
35Als daß ich mich befliess' auff Hunds-Philosophey
36Und trieb, als eine Kunst, ein bäurisch Feldgeschrey.
37So fühl ich auch nicht Hitz auff Hofegunst zu schnappen;
38Ich biege keine Knie und rücke keine Kappen
39Für auffgeputzter Ehr und angestrichner Gunst,
40Die mancher sucht mit Müh durch schnöde Schmeichel-Kunst.
41Genug, wann ich mir selbst im Friede kan befehlen
42Und darff zu fremder Pflicht nicht Tag und Stunden zehlen.
43Ein König bin ich so, mein Haus ein Königreich,
44Da weder Hold noch Gram mich roth macht oder bleich.
45Der Himmel, hat mir der vertraut und was gegeben,
46So geb ich dieses dem, der bey mir wohnt daneben;
47Ich diene, wem ich kan, bin eines ieden Knecht,
48Doch daß mir über mich bleibt unverrückt mein Recht.
49Hierzwischen laß ich nun zur Zeit mit unterlauffen
50Die viel-gefüsten Reim und führe sie zu Hauffen
51Für gute Freunde hin; gefallen sie, Gar wol!
52Wo nicht, was liegt mir dran? Es ist kein nöthig sol
53Gefällig allen seyn. Ein ieder mag es machen,
54Daß über seinem Thun die Engel selbsten lachen,
55Und daß die Weißheit sich selbst drob verwundern kan;
56Der, dem ich wo nicht taug, der seh mich nur nicht an.

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:

Friedrich von Logau (1605-1655)

* 01/01/1605 in Q4972670, † 07/24/1655 in Legnica

männlich

Dichter des Barock

(Aus: Wikidata.org)

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