Johann Heinrich Voß: 25. Frühlingsliebe (1783)

1Die Lerche sang, die Sonne schien,
2Es färbte sich die Wiese grün,
3Und braungeschwollne Keime
4Verschönten Büsch' und Bäume:
5Da pflückt' ich am bedornten See
6Zum Strauß ihr, unter spätem Schnee,
7Blau, rot und weißen Güldenklee.
8Das Mägdlein nahm des Busens Zier,
9Und nickte freundlich Dank dafür.

10Nur einzeln grünten noch im Hain
11Die Buchen und die jungen Mai'n;
12Und Kresse wankt' in hellen
13Umblümten Wiesenquellen:
14Auf kühlem Moose, weich und prall,
15Am Buchbaum, horchten wir dem Schall
16Des Quelles und der Nachtigall.
17Sie pflückte Moos, wo wir geruht,
18Und kränzte sich den Schäferhut.

19Wir gingen atmend, Arm in Arm,
20Am Frühlingsabend, still und warm,
21Im Schatten grüner Schlehen
22Uns Veilchen zu erspähen:
23Rot schien der Himmel und das Meer;
24Mit einmal strahlte, groß und hehr,
25Der liebe volle Mond daher.
26Das Mägdlein stand und ging und stand,
27Und drückte sprachlos mir die Hand.

28Rotwangicht, leichtgekleidet saß
29Sie neben mir auf Klee und Gras,
30Wo ringsum helle Blüten
31Der Apfelbäume glühten:
32Ich schwieg; das Zittern meiner Hand,
33Und mein bethränter Blick gestand
34Dem Mägdlein, was mein Herz empfand.
35Sie schwieg, und aller Wonn' Erguß
36Durchströmt' uns beid' im ersten Kuß.

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:
Author

Johann Heinrich Voß (1751-1826)

* 02/20/1751 in Sommerstorf, † 03/29/1826 in Heidelberg

männlich, geb. Voss

deutscher Dichter und Übersetzer von Klassikern

(Aus: Wikidata.org)

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