Ludwig Christoph Heinrich Hölty: Maylied (1762)

1Alles liebet! Liebe gleitet
2Durch die blühende Natur,
3Liebe zeuget Blumen, breitet
4Manchen Teppich auf die Flur.
5Das verliebte Haingefieder,
6Das sich neue Zellen baut,
7Tönet süße Liebeslieder,
8Wenn der May vom Himmel thaut.

9Liebe malt jezt hellre Rosen
10Um den Mund der Schäferin,
11Schäferin und Schäfer kosen
12Manche goldne Stunde hin.
13Sizen unter Apfelblüthen,
14Arm in Arm, und Paar an Paar,
15Kleine Liebesgötter bieten
16Nektar ihren Lippen dar.

17Unschuld blickt aus ihren Minen,
18Unschuld ihres Standes Loos,
19Rothe Blüthen taumeln ihnen
20Aus dem Wipfel in den Schoos.
21Blau und golden schwebt der Aether
22Im bebüschten Gartenteich,
23Alle Blüthen werden röther,
24Werden Edens Blüthen gleich.

25Durch die Blumen, durch die grünen
26Kräuter, die der Sonnenschein
27Übergoldet, summen Bienen,
28Sammeln süßen Nektar ein.
29Alles hauchet Scherz und Freude,
30Wo des Frühlings Odem bläst,
31Die Natur, im Blumenkleide,
32Feirt ein allgemeines Fest.

33Alles küßt jetzt! Küße flüstern
34In beschatteten Alleen,
35Wo die Liebenden in düstern
36Buchenlabyrinthen gehn.
37Küße rauschen in den Lauben,
38Um die Abenddämmerung,
39Küße geben, Küße rauben
40Ist der Welt Beschäftigung.

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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