1Es reit der Herr von Falkenstein,
2Wohl über ein' breite Haide.
3Was sieht er an dem Wege stehn?
4Ein Mädel mit weissem Kleide.
5»wohin, wohinaus du schöne Magd?
6Was machet ihr hier alleine?
7Wollt ihr die Nacht mein Schlafbule seyn,
8So reitet ihr mit mir heime.«
9»mit euch heimreiten, das thu' ich nicht,
10Kann euch doch nicht erkennen.«
11»ich bin der Herr von Falkenstein,
12Und thu mich selber nennen.«
13»seyd ihr der Herr von Falkenstein,
14Derselbe edle Herre,
15So will ich euch bitten um'n Gefang'n mein,
16Den will ich haben zur Ehe.« –
17»den Gefangnen mein, den geb ich dir nicht,
18Im Thurn muß er vertrauren.
19Zu Falkenstein steht ein tiefer Thurn,
20Wohl zwischen zwo hohen Mauren.« –
21»steht zu Falkenstein ein tiefer Thurn,
22Wohl zwischen zwei hohen Mauren,
23So will ich an den Mauren stehn,
24Und will ihm helfen trauren.« –
25Sie ging den Thurm wohl um und wieder um:
26»feinslieb, bist du darinnen?
27Und wenn ich dich nicht sehen kann,
28So komm ich von meinen Sinnen.«
29Sie ging den Thurm wohl um und wieder um,
30Den Thurm wollt sie auf schließen:
31»und wenn die Nacht ein Jahr lang wär;
32Keine Stund thät mich verdrießen!
33Ei dürft ich scharfe Messer tragen,
34Wie unsers Herrn sein Knechte,
35Ich thät mit'm Herrn von Falkenstein,
36Um meinen Herzliebsten fechten!« –
37»mit einer Jungfrau fecht ich nicht,
38Das wär mir immer ein Schande!
39Ich will dir deinen Gefangnen geben;
40Zieh mit ihm aus dem Lande!« –
41»wohl aus dem Lande, da zieh ich nicht,
42Hab niemand was gestohlen:
43Und wenn ich was hab liegen lahn,
44So darf ichs wieder holen.«