Ludwig Achim von Arnim: Der geistliche Kämpfer (1806)

1Groß Lieb thut mich bezwingen,
2Daß ich muß heben an,
3Von einem Kämpfer singen,
4Der war so wohlgethan.

5Den Kämpfer will ich nennen,
6Daß ihr könnt merken wie,
7Und eigentlich erkennen,
8Christ Gottes Sohn allhie.

9Der Kämpfer tugendreiche,
10Nahm sich vor einen Sinn,
11Aus seines Vaters Reiche,
12Schickt er seinen Boten hin.

13Zu einer schön Jungfrauen,
14Wohl in dem Morgenland,
15Die wollt er gerne schauen,
16Da er sein Boten sandt.

17Wollet ihr sie auch kennen,
18Die Jungfrau minniglich,
19Gabriel thut sie nennen,
20Und spricht gar tugendlich,

21Da er sie grüßt geschwinde,
22Sprach Ave Maria,
23Mit Worten also linde,
24Plena gratia.

25Er pflag auch süßer Worte,
26Bey der Jungfrauen rein,
27Bis sie aufschluß die Pforte,
28Und ließ ihn zu sich ein.

29Die Jungfrau berührt ihr Herze,
30Und sprach: »Ach wer ist der,
31Der in fröhlichem Scherze,
32Begehrt zu mir her?«

33Der Bot der antwortt schiere:
34»er ist gewaltiglich,
35Er kommt herab zu dire,
36Er macht euch alle reich.«

37Maria sprach mit Züchten:
38»ich thu keins Manns Begehren!«
39»sollst mit mägdlichen Früchten,
40Ein Kind ohn Mann gebären.

41Gotts Sohn von Ewigkeite,
42Der kommt herab zu dir,«
43Sie sprach: »Ich bin bereite,
44Nach deinem Wort geschehe mir.«

45Die Welt die stand in Sorgen
46Mehr dann fünf tausend Jahr,
47In Höllengrund verborgen,
48Bis kam der Kämpfer klar.

49Das wollt er wieder kehren (wenden),
50Der edel Kämpfer werth,
51Sein Blut um uns verehren,
52Und kam herab auf Erd.

53Durch uns so ward er junge,
54Wohl bey der reinen Maid,
55Vom höchsten Thron entsprungen,
56Aus Gottes Ewigkeit.

57Bey ihr war er zur Zeite
58Wohl drey und dreyßig Jahr,
59Eh daß er ging zu Streite,
60Der edle Kämpfer klar.

61Darnach ward man ihn spüren,
62Bey der Jungfrauen klar,
63Darum thät sich aufrühren,
64So gar ein große Schaar.

65Sie thäten ihn auch fahen,
66So gar mit scharfer Wehr,
67Er ward auch hart geschlagen,
68Der edel Kämpfer hehr.

69Mit Geißlen und mit Ruthen,
70Ein Kron mit scharfem Dorn,
71Das litt er durch sein Güte,
72Und sühnt damit den Zorn.

73Ein Urtheil ward gesprochen
74Wohl zu derselben Zeit,
75Sein Seite ward durchstochen,
76Geschlagen ans Kreuz so breit.

77Da stand Maria elende,
78Und sah den Kämpfer an,
79Sie rang ihr schneeweiß Hände,
80Sprach: »Wem willst mich hie lahn (lassen).«

81Er sprach zu ihr mit Schmerze:
82»sieh Weib, das ist dein Sohn!«
83Damit brach ihm sein Herze,
84Den Kämpfer bet ich an.

85Daß er uns wöll behüten,
86Wohl vor der ewgen Pein,
87Maria durch dein Güte,
88So thu uns Hülfe-Schein.

89Das sey zu Lob gesungen,
90Maria der reinen Magd,
91Von ihr ist uns gelungen,
92Das sey ihr Lob gesagt.

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:

Ludwig Achim von Arnim (1781-1831)

* 01/26/1781 in Berlin, † 01/21/1831 in Wiepersdorf

männlich, geb. Arnim

deutscher Schriftsteller und wichtiger Vertreter der Heidelberger Romantik

(Aus: Wikidata.org)

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