1Der Vollmond schwebt in Osten;
2Am alten Geisterthurm
3Flimmt bläulich im bemoosten
4Gestein der Feuerwurm.
5Der Linde schöner Sylphe
6Streift scheu in Lunens Glanz,
7Im dunklen Uferschilfe
8Webt leichter Irrwischtanz.
9Die Kirchenfenster schimmern;
10In Silber wallt das Korn;
11Bewegte Sternchen flimmern
12Auf Teich und Wiesenborn;
13Im Lichte wehn die Ranken
14Der öden Felsenkluft;
15Den Berg, wo Tannen wanken,
16Umschleiert weisser Duft.
17Wie schön der Mond die Wellen
18Des Erlenbachs besäumt,
19Der hier durch Binsenstellen,
20Dort unter Blumen schäumt,
21Als lodernde Kaskade
22Des Dorfes Mühle treibt,
23Und wild vom lauten Rade
24In Silberfunken stäubt.
25Die Pappelweide zittert,
26Nun dämmernd, nun umblinkt,
27Wo von Jesmin umgittert
28Die Sommerlaube winkt,
29Und mit geflochtnem Pförtchen,
30Das auf den Weiher sieht,
31Ein ländlich stilles Gärtchen
32Die Fischerhütt’ umblüht.
33Durch Fichten senkt der Schimmer,
34So bleich und schauerlich,
35Auf die bebüschten Trümmer
36Der Wasserleitung sich,
37Bestralt die düstern Eiben
38Der kleinen Meierei,
39Und hellt die bunten Scheiben
40Der gothischen Abtei.
41Wie sanft verschmilzt der blassen
42Beleuchtung Zauberschein
43Die ungeheuren Massen
44Gezackter Felsenreih'n,
45Dort wo, in milder Helle,
46Von Immergrün umwebt,
47Die Eremitenzelle
48An grauer Klippe schwebt.
49Der Elfen Heere schweifen
50Durch Feld und Wiesenplan,
51Es deuten Silberstreifen
52Dem Schäfer ihre Bahn;
53Er weiß am Purpurkreise,
54Vom Wollenvieh verschmäht,
55In welchem Blumengleise
56Ihr Abendreih'n sich dreht.
57Bald bergen, bald entfalten,
58In lieblicher Magie,
59Sich wechselnd die Gestalten
60Der regen Phantasie.
61Die zarten Blüten keimen,
62O Mond! an deinem Licht,
63Die sie, in Feenträumen,
64Um unsre Schläfe flicht.