Anastasius Grün: Herbstlich über Asperns Fluren schien die Sonne müd' und lau Titel entspricht 1. Vers(1842)

1Herbstlich über Asperns Fluren schien die Sonne müd' und lau,
2Störche schifften schon nach Süden durch der Lüfte ruhig Blau,
3Ueber stille weite Felder schritt ich einsam, unbelauscht,
4Und mit mir ein kalter Herbstwind, der durch fahle Stoppeln rauscht.

5Dachte dessen jüngst der Landmann, als er hier die Garben wand,
6Daß in einem Menschenherzen manche ihrer Wurzeln stand?
7Denkt der Städter, wenn beim Mahle er sein weißes Brod genießt,
8Daß gedüngt es mit dem Blute eines Heldenbruders ist?

9Aus der Lava, die einst glühend vom Vesuv herniederquoll,
10Blüh'n, wie Leben aus dem Tode, saft'ge Reben, grün und voll;
11Doch die ihren Wein einst trinken unter kühlem Laubendach,
12Dem Vesuv und seinen Schrecken sinnen sie wohl schwerlich nach!

13Hier auch hat all' seine Schrecken ausgetobt einst ein Vulkan,
14Blut'ge, glüh'nde Lavafluthen überströmten rings den Plan,
15Schwarzer Rauch und Nachtgewölke hüllte tief den Himmel ein,
16Wetterschläge krachten donnernd, Blitze zuckten flammend drein!

17Wie dort am Vesuv die Lava einst manch' heitre Stadt verschlang,
18So begrub sie viel der Edlen hier die weite Flur entlang;
19Hundert Städte zu beleben, reichte wahrlich ihre Zahl,
20Und nicht minder schön glomm ihnen noch des Lebens sonn'ger Strahl!

21Gleich an frommer Kraft und Weisheit jenem edlen Plinius,
22Der dort rettend seine Mutter trug durch Nacht und Lavaguß,
23Also Carl, du hoher Sieger, trugst du kühn und glorreich da
24Aus den Flammen und den Schrecken deine Mutter Austria!

25Manch' gewaltiges Jahrhundert schritt schon am Vesuv vorbei;
26Sieh, der fernsten Enkel Spaten schlägt der Lava Krust' entzwei,
27Und es steigt aus Schutt und Asche eine heitre Stadt ans Licht,
28Manch' ein Götterbild und Tempel, manch' unsterbliches Gedicht!

29Oestreichs Herkulanum nenn' ich, ihr Gefilde Asperns, euch!
30Wär' an edlen heil'gen Schätzen euer Schooß wohl minder reich?
31Wahrlich, stieg' in eure Tiefen rechten Sinns der rechte Mann,
32Bald das Götterbild der Freiheit brächt' er uns ans Licht hinan! –

33Wallt dann wieder einst durchs weite reiche Saatgefild mein Fuß,
34O dann nickt wohl jede Aehre mit dem Haupt mir heitren Gruß;
35Und wie Geisterharfen säuselt's aus den goldnen Halmen leis:
36»nicht umsonst floß unser Herzblut, denn es trug euch schönen Preis!«

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:

Anastasius Grün (1806-1876)

* 04/11/1806 in Ljubljana, † 09/12/1876 in Graz

männlich, geb. Grün

österreichischer Dichter und Politiker

(Aus: Wikidata.org)

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