1Riesin Austria, wie herrlich glänzest du vor meinen Blicken!
2Eine blanke Mauerkrone seh' ich stolz das Haupt dir schmücken,
3Weicher Locken üpp'ge Fülle reich auf deine Schultern fallen
4Blonden Golds, wie deine Saaten, die im Winde fröhlich wallen.
5Festlich prangt dein Leib, der wonn'ge, in dem grünen Sammtgewande,
6Dran als Silbergurt die Donau, und die Rebe als Guirlande;
7Leuchtend flammt dein Schild, der blanke, welchem Lerch' und Aar entsteigen,
8Aller Welt von deinem Bündniß mit dem Tag und Licht zu zeigen!
9Farbig ist ein Blumenestrich dir zu Füßen aufgegangen,
10Eine Garde stolzer Eichen seh' ich im Gefolg dir prangen,
11Kön'gen gleich in Purpurmänteln deine hohen Berge ragen,
12Die als Kronen schmucke Burgen hell im Morgenrothe tragen.
13Hier bist du die Braut, die heitre, unter Blüthen an der Quelle,
14Kränzend sich mit Perl' und Rose, spiegelnd sich in klarer Welle!
15Dort gleich muth'ger Amazone nach ersiegter Schlacht zu schauen,
16Erzumpanzert und gewaltig, doch voll Schönheit selbst das Grauen!
17Wie im hohen Göttertempel glorreich einst Pallas-Athene,
18Stehst du da in stiller Weisheit, heil'ger Kraft und milder Schöne!
19Aus den lieben süßen Augen muß ein hoher Geist auch sprühen,
20Unterm üpp'gen schönen Busen dir ein edles Herz auch glühen.
21In der Hand des Wissens Bücher hältst du siegreich aufgeschlagen,
22Wissend, daß, wie deine Saaten, sie manch goldnes Körnlein tragen,
23Daß, wer hat gesunde Augen, Tageslicht vertragen lerne,
24Und noch keine Hütt' in Flammen ward gesteckt durchs Licht der Sterne.
25Erz berührt und Stein und Leinwand deine Zauberhand nur sachte,
26Sieh, da als ein Gott lebendig springt der Marmor aus dem Schachte,
27Sieh, da lebt und spricht die Leinwand, fröhlich klingen die Metalle,
28Und der Kunst geweihte Dome ragen hoch zur Sternenhalle!
29Freiheit prangt als heil'ge Losung über deinen Friedenshütten,
30Freiheit glänzt auf allen Bannern, drunter je dein Volk gestritten;
31Besser als die Händ' in Fesseln taugen dir die fessellosen,
32Sei's das Schwert der Schlacht zu schwingen, sei's zu pflücken Friedensrosen.
33Doch: Vertrauen! heißt die Fessel, die dir gilt, dein Volk zu binden,
34Und um Brüder sie und Brüder und um Fürst und Volk zu winden;
35Wenn der heil'ge Regenbogen stolz sich wölbt durch Wettergrauen,
36Strahlt aus ihm herab das große, schöne, ew'ge Wort: Vertrauen!
37Drum wohl darfst du stolz und freudig, Austria, dein Haupt erheben,
38Durch der fernsten Zeiten Nebel wird dein Schild noch glänzend schweben!
39Viel hat dich der Herr gesegnet, doch du darfst auch rühmend sagen,
40Daß bei dir die edlen Keime reich und herrlich Frucht getragen! –
41Also klang jüngst meine Hymne. Sonst, wenn Dichter Hymnen singen,
42Glänzt ihr Aug' wie Sonnenjubel, jauchzt ihr Herz wie Harfenklingen;
43Doch wie mocht' es denn geschehen, daß ich mußte bei der meinen
44So aus tiefstem, vollstem Herzen viel der bittren Thränen weinen?