Johann Peter Hebel: Der Bettler (1793)

1»en alte Ma, en arme Ma,
2er sprichtich um e Wohltat a.
3E Stückli Brot ab euem Tisch,
4wenn's eue guete Willen isch!
5He jo, dur Gotts Wille!
6In Sturm und Wetter, arm und bloß,
7gibore bini uf der Stroß,
8und uf der Stroß in Sturm und Wind
9erzogen, arm, e Bettelchind.
10Druf woni chräftig worde bi,
11und d'Eltere sin gstorbe gsi,
12se hani denkt: Saldatetod
13isch besser weder Bettelbrot.
14I ha in schwarzer Wetternacht
15vor Laudons Zelt und Fahne gwacht,
16i bi bim Paschal Paoli
17in Korsika Draguner gsi,
18und gfochte hani, wie ne Ma,
19und Bluet an Gurt und Sebel gha.
20I bi vor menger Batterie,
21i bi in zwenzig Schlachte gsi,
22und ha mit Treu und Tapferkeit
23dur Schwert und Chugle 's Lebe treit.
24Zletzt hen sie mi mit lahmem Arm
25ins Elend gschickt. Dass Gott erbarm!
26He jo, dur Gotts Wille!«
27»chumm arme Ma!
28I gunn der's wienis selber ha.
29Und helf der Gott us diner Not,
30und tröst di, bis es besser goht.«
31»vergelt's der Her, und dank der Gott
32du zarten Engel wiiß und rot,
33und geb der Gott e brave Ma! –
34Was luegsch mi so biwegli a?
35Hesch öbben au e Schatz im Zelt,
36mit Schwert und Roß im wite Feld?
37Biwahr di Gott vor Weh und Leid,
38und geb dim Schatz e sicher Gleit,
39und bring der bald e gsunde Ma!
40's goht ziemli scharf vor Mantua.
41's cha si, i chönnt der Meldig ge. –
42Was luegsch mi a, und wirsch wie Schnee?
43Denkwol, i henk mi Bettelgwand
44mi falsche graue Bart an d'Wand!
45Jez bschau mi recht, und chennsch mi no?
46Geb Gott, i seig Gottwilche do!«
47»her Jesis, der Friedli, mi Friedli isch do!
48Gottwilche, Gottwilche, wohl chenni di no!
49Wohl het mi bigleitet di liebligi Gstalt
50uf duftige Matten, im schattige Wald.
51Wohl het di bigleitet mi bchümmeret Herz
52dur Schwerter und Chugle mit Hoffnig und Schmerz,
53und brieget und betet. Gott het mer willfahrt,
54und het mer mi Friedli und het mer en gspart.
55Wie chlopft's mer im Buse, wie bini so froh!
56O Muetter, chumm weidli, mi Friedli isch do!«

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:
Author

Johann Peter Hebel (1760-1826)

* 05/10/1760 in Geburtshaus Johann Peter Hebel, † 09/22/1826 in Schwetzingen

männlich, geb. Hebel

deutscher Dichter, evangelischer Theologe und Pädagoge

(Aus: Wikidata.org)

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