Friedrich von Hagedorn: Die alte und neue Liebe (1731)

1Ihr Heiligen der alten Zeit,
2Treu', Ehrfurcht und Verschwiegenheit,
3Und du, o wahre Zärtlichkeit!
4Ihr lehrtet uns dem Liebreiz fröhnen.
5Nun ist die Treue nur verstellt,
6Und die Verschwiegenheit entfällt,
7Wenn ja die Ehrfurcht Gunst erhält.
8Wer liebt nicht sich in seinen Schönen?

9Von seiner Phyllis ferne sein,
10Ihr dennoch heiße Seufzer weihn,
11Und diese Seufzer nicht bereun:
12Das war die Lust des Schäferlebens.
13Das Seufzen ist uns unbewußt.
14Man seufzet, aber nur vor Lust,
15An einer nahen Phyllis Brust,
16Und seufzet da nicht leicht vergebens.

17Die Fessel küssen, die man trägt,
18Die uns ein Mädchen angelegt,
19Das reizend Mund und Augen regt:
20Das war die Kunst der ersten Zeiten.
21Die Fessel und die Knechtschaft fliehn
22Und, wo nur schöne Wangen blühn,
23Um schöne Wangen sich bemühn:
24Das nennt man jetzo Zärtlichkeiten.

25Durch mehr als jährigen Bestand
26Verehren, was man artig fand,
27Und unsre Treu' oft nicht erkannt:
28Das war den Vätern vorgeschrieben.
29Erwählen was nur Schönheit schmückt,
30Genießen was uns oft entzückt,
31Verlassen was uns sonst beglückt:
32Das ist der Enkel Art zu lieben.

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:

Friedrich von Hagedorn (1708-1754)

* 04/23/1708 in Hamburg, † 10/28/1754 in Hamburg

männlich

deutscher Dichter

(Aus: Wikidata.org)

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