1Seht Ihr sie sitzen am Klöppelkissen
2Die Wangen bleich und die Augen rot!
3Sie mühen sich ab für einen Bissen,
4Für einen Bissen schwarzes Brot!
5Großmutter hat sich die Augen erblindet,
6Sie wartet, bis sie der Tod befreit –
7Im stillen Gebet sie die Hände windet:
8Gott schütz' uns in der schweren Zeit.
9Die Kinder regen die kleinen Hände,
10Die Klöppel fliegen hinab, hinauf,
11Der Müh' und Sorge kein Ende, keine Ende!
12Das ist ihr künftiger Lebenslauf.
13Die Jungfrauen all, daß Gott sich erbarme,
14Sie ahnen nimmer der Jugend Lust –
15Das Elend schließt sie in seine Arme,
16Der Mangel schmiegt sich an ihre Brust.
17Seht Ihr sie sitzen am Klöppelkissen,
18Seht Ihr die Spitzen, die sie gewebt:
19Ihr Reichen, Großen – hat das Gewissen
20Euch nie in der innersten Seele gebebt?
21Ihr schwelgt und prasset, wo sie verderben,
22Genießt das Leben in Saus und Braus,
23Indessen sie vor Hunger sterben,
24Gott dankend, daß die Qual nun aus!
25Seht Ihr sie sitzen am Klöppelkissen
26Und redet noch schön von Gottvertraun?
27Ihr habt es aus ihrer Seele gerissen,
28Weil sie Euch selber gottlos schaun!
29Seht Ihr sie sitzen am Klöppelkissen
30Und fühlt kein Erbarmen in solcher Zeit,
31Dann werde Euer Sterbekissen
32Der Armut Fluch und all ihr Leid!