Ernst Schulze: Liebchen, du schwebst jetzt fröhlich dahin im glänzenden Saale Titel entspricht 1. Vers(1803)

1Liebchen, du schwebst jetzt fröhlich dahin im glänzenden Saale;
2Leicht im flüchtigen Tanz regst du den zierlichen Leib;
3Höheres Roth durchrieselt die Wang', und es hebt der Begeistrung
4Ueppiger Rausch hochauf wogend die glühende Brust.
5Doch dein Freund, fern trauert er jetzt im stillen Gemache,
6Wild um den brütenden Geist tobt ihm der Sorgen Gewühl.
7Ach wohl denkst du nicht mehr des Liebenden, welcher von dir nur
8Lernte die Lust, von dir, Einziggeliebte, den Schmerz;
9Längst wohl schwand im bethörenden Rausch des frohen Getümmels
10Sein hindämmerndes Bild ganz aus der Seele dir fort!
11Amor spannet so gern im Tanz die verstohlenen Netze,
12Reichliche Beute belohnt immer den listigen Gott.
13Lieblich bist du, wie nimmer ein anderes Mädchen der Erde;
14Wer dir nahete, bleibt gern in der Fessel zurück:
15Doch du bist flüchtig und leicht, wie die hüpfende Woge des Meeres,
16Neues allein nur reizt immer den gaukelnden Sinn.
17Wie mit Bällen das Kind, so spielst du mit Herzen; gelobst gern
18Jeglichem, doch kein Gott, wähnst du, bestrafe den Trug.
19Oft schon nannt' ich dich falsch, und auf ewig wollt' ich dich meiden,
20Aber die zögernde Flucht brachte mir neue Gefahr;
21Eifersüchtig schaltest du mich mit Lachen und thöricht,
22Und ein glühender Kuß machte von Sünden dich rein.
23Ach, jetzt windet ein Anderer wohl, aufwallend in Sehnsucht,
24Rings um den zierlichen Leib leise den zitternden Arm,
25Lispelt mit kosendem Flüstern im Sturm des wogenden Tanzes
26Manches verstohlene Wort liebeverlangend dir zu!
27Hör' ihn nicht, er betrügt dich nur, falsch ist der Verräther!
28Ach, sein flatternder Sinn gleichet dem deinen, entflieh!
29Reicht er nicht jetzt dir die Hand? O hinweg mit ihr, sie ist giftig!
30Und Basiliskengewalt wohnt ihm im schmeichelnden Blick!
31O, verhüllte dich doch ein undurchdringlicher Schleier,
32Könnte nur ich allein sicher die Reizende sehn,
33Wär' es doch mir allein nur vergönnt an der Brust dir zu ruhen,
34Dürfte nur ich allein küssen den rosigen Mund!
35Aber ich selber erschuf mir die quälende Sorg' in dem Herzen,
36Und mein eignes Vergehn raubte mir heute die Ruh.
37Wehe, Warum auch zürnet' ich gleich, als den ersten der Tänze
38Du mir geweigert, warum schwur ich zu meiden das Fest!
39Trage nun selbst, o Thor, des eisernen Sinnes Bestrafung!
40Wenn sie dich morgen nicht küßt, denke du hast es verdient.

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:

Ernst Schulze (1789-1817)

* 03/22/1789 in Celle, † 06/29/1817 in Celle

männlich, geb. Schulze

deutscher Dichter der Romantik

(Aus: Wikidata.org)

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