1Von Edenhall der junge Lord
2Läßt schmettern Festtrommetenschall,
3Er hebt sich an des Tisches Bord
4Und ruft in trunkner Gäste Schwall:
5»nun her mit dem Glücke von Edenhall!«
6Der Schenk vernimmt ungern den Spruch,
7Des Hauses ältester Vassall,
8Nimmt zögernd aus dem seidnen Tuch
9Das hohe Trinkglas von Kristall,
10Sie nennen's:
11Darauf der Lord: »Dem Glas zum Preis
12Schenk roten ein aus Portugal!«
13Mit Händezittern gießt der Greis,
14Und purpurn Licht wird überall,
15Es strahlt aus dem Glücke von Edenhall.
16Da spricht der Lord und schwingt's dabei:
17»dies Glas von leuchtendem Kristall
18Gab meinem Ahn am Quell die Fei,
19Drein schrieb sie: kommt dies Glas zu Fall,
20Fahr wohl dann, o Glück von Edenhall!
21Ein Kelchglas ward zum Los mit Fug
22Dem freud'gen Stamm von Edenhall;
23Wir schlürfen gern in vollem Zug,
24Wir läuten gern mit lautem Schall;
25Stoßt an mit dem Glücke von Edenhall!«
26Erst klingt es milde, tief und voll,
27Gleich dem Gesang der Nachtigall,
28Dann wie des Waldstroms laut Geroll,
29Zuletzt erdröhnt wie Donnerhall
30Das herrliche Glück von Edenhall.
31»zum Horte nimmt ein kühn Geschlecht
32Sich den zerbrechlichen Kristall;
33Er dauert länger schon als recht,
34Stoßt an! mit diesem kräft'gen Prall
35Versuch ich das Glück von Edenhall.«
36Und als das Trinkglas gellend springt,
37Springt das Gewölb mit jähem Knall,
38Und aus dem Riß die Flamme dringt;
39Die Gäste sind zerstoben all
40Mit dem brechenden Glücke von Edenhall.
41Er stürmt der Feind mit Brand und Mord,
42Der in der Nacht erstieg den Wall,
43Vom Schwerte fällt der junge Lord,
44Hält in der Hand noch den Kristall,
45Das zersprungene Glück von Edenhall.
46Am Morgen irrt der schenk allein,
47Der Greis, in der zerstörten Hall,
48Er sucht des Herrn verbannt Gebein,
49Er sucht im grausen Trümmerfall
50Die Scherben des Glücks von Edenhall.
51»die Steinwand«, spricht er, »springt zu Stück,
52Die hohe Säule muß zu Fall,
53Glas ist der Erde Stolz und Glück,
54In Splitter fällt der Erdenball
55Einst gleich dem Glücke von Edenhall.«