Joachim Ringelnatz: Maiengruß an den Redakteur (1908)

1Frühlingszartes Wohlbehagen
2Schwellt erfrorne Poesie.
3Maiberauscht im Speisewagen
4Ballt sich etwas wie Genie.

5Weil Berlin voraus in Sicht ist
6Und die Sonne mich bestrahlt.
7Und je länger ein Gedicht ist,
8Desto besser wird's bezahlt.

9Darum: Hundertzweiundneunzig
10Tausend und fünfhundertzwei
11Oder noch mehr Leute freun sich.
12Denn der Winter ist vorbei.

13Elf Millionen zweimal hundert
14Tausend siebenhundertzehn
15Menschen sind etwas verwundert,
16Weil kein Maikäfer zu sehn.

17Sechs Billionen zwölf Milliarden –
18Schätzungsweise – fragen sich:
19Wo steckt Maximilian Harden.
20Nun, verflucht, was kümmert's mich.

21Vier Trillionen neun Billionen
22Zirka siebenhundertelf
23Milliarden fünf Millionen
24Achtzehntausend hundertzwölf – –

25Und ich könnte das erweitern
26Bis in die Unendlichkeit,
27Doch ein Dichter tritt den heitern
28Frühlingszarten Mai nicht breit.

29Sondern trinkt, sich selbst beschränkend,
30Maienbowle, Maienkraut,
31Seines Redakteurs gedenkend,
32Dem er voll und ganz vertraut.

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Author

Joachim Ringelnatz (1883-1934)

* 08/07/1883 in Wurzen, † 11/17/1934 in Berlin

männlich, geb. Bötticher

natürliche Todesursache - Tuberkulose

deutscher Schriftsteller, Kabarettist und Maler

(Aus: Wikidata.org)

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