Joachim Ringelnatz: Das Kartenspiel (1908)

1Vier Männer zogen sich zurück,
2Schlossen sich ein, und drei
3Von ihnen versuchten ihr Glück,
4Spielten Karten.
5Draußen im Garten
6Blühte der Mai.
7Im schwülen Zimmer saßen die
8Männer bei ihren Karten.
9Ihre Weiber ließen sie
10Draußen weinen und warten.

11Und spielten Spiel um Spiel zu dritt,
12Und jeder schwitzte.
13Der vierte Mann sah zu, kibit –
14Kibitzte.

15Geld hin – Geld her – Geld her – Geld hin –
16Verlust – Gewinn –
17Nach Kartengemisch.
18Es wurde gebucht,
19Gereizt und geflucht.
20Man schlug auf den Tisch.
21Man witzelte seicht.
22Hätte Pikdame statt Karozehn
23Den Buben genommen,
24Dann wäre vielleicht
25Alles anders gekommen.

26Und noch einmal und noch und noch,
27Verbissen und besessen. –
28Ein Lüftchen kam durchs Schlüsselloch,
29Roch nach verbranntem Essen.

30Der König fiel.
31Das letzte Spiel,
32Das allerletzte Spiel begann.
33Und wieder stach die Karozehn.
34Der vierte Mann,
35Der nichts getan als zugesehn,
36Gewann.

37Vier gähnende Männer gingen
38Hinaus ins Morgengraun.
39Draußen hingen
40Am Gartenzaun
41Vier vertrocknete Fraun.

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Joachim Ringelnatz (1883-1934)

* 08/07/1883 in Wurzen, † 11/17/1934 in Berlin

männlich, geb. Bötticher

natürliche Todesursache - Tuberkulose

deutscher Schriftsteller, Kabarettist und Maler

(Aus: Wikidata.org)

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