Joachim Ringelnatz: Reklame (1908)

1Ich wollte von gar nichts wissen.
2Da habe ich eine Reklame erblickt,
3Die hat mich in die Augen gezwickt
4Und ins Gedächtnis gebissen.

5Sie predigte mir von früh bis spät
6Laut öffentlich wie im stillen
7Von der vorzüglichen Qualität
8Gewisser Bettnässer-Pillen.

9Ich sagte: »Mag sein! Doch für mich nicht! Nein, nein!
10Mein Bett und mein Gewissen sind rein!«

11Doch sie lief weiter hinter mir her.
12Sie folgte mir bis an die Brille.
13Sie kam mir aus jedem Journal in die Quer
14Und säuselte: »Bettnässer-Pille.«

15Sie war bald rosa, bald lieblich grün.
16Sie sprach in Reimen von Dichtem.
17Sie fuhr in der Trambahn und kletterte kühn
18Nachts auf die Dächer mit Lichtern.

19Und weil sie so zähe und künstlerisch
20Blieb, war ich ihr endlich zu Willen.
21Es liegen auf meinem Frühstückstisch
22Nun täglich zwei Bettnässer-Pillen.

23Die ißt meine Frau als »Entfettungsbonbon«.
24Ich habe die Frau belogen.
25Ein holder Frieden ist in den Salon
26Meiner Seele eingezogen.

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

Bitte prüfe den Text zunächst selbst auf Auffälligkeiten und nutze erst dann die Funktionen!

Wähle rechts unter „Einstellungen“ aus, welcher Aspekt untersucht werden soll. Unter dem Text findest du eine Erklärung zu dem ausgewählten Aspekt.

Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:
Author

Joachim Ringelnatz (1883-1934)

* 08/07/1883 in Wurzen, † 11/17/1934 in Berlin

männlich, geb. Bötticher

natürliche Todesursache - Tuberkulose

deutscher Schriftsteller, Kabarettist und Maler

(Aus: Wikidata.org)

Bitte beachte unsere Hinweise zur möglichen Fehleranfälligkeit!

Gedichtanalysen zu diesem Gedicht