Louise Aston: Lied einer schlesischen Weberin (1842)

1Wenn's in den Bergen rastet,
2Der Mühlbach stärker rauscht,
3Der Mond in stummer Klage
4Durch's stille Strohdach lauscht;
5Wenn trüb die Lampe flackert
6Im Winkel auf den Schrein:
7Dann fallen meine Hände
8Müd in den Schooß hinein.

9So hab' ich oft gesessen
10Bis in die tiefe Nacht,
11Geträumt mit offnen Augen,
12Weiß nicht, was ich gedacht;
13Doch immer heißer fielen
14Die Thränen auf die Händ' –
15Gedacht mag ich wohl haben:
16Hat's Elend gar kein End? –

17Gestorben ist mein Vater, –
18Vor Kurzem war's ein Jahr –
19Wie sanft und selig schlief er
20Auf seiner Todtenbahr'!
21Der Liebste nahm die Büchse,
22Zu helfen in der Noth;
23Nicht wieder ist er kommen,
24Der Förster schoß ihn todt. –

25Es sagen oft die Leute:
26»du bist so jung und schön,
27Und doch so bleich und traurig
28Sollst du in Schmerz vergehn?« –
29»nicht bleich und auch nicht traurig!«
30Wie spricht sich das geschwind
31Wo an dem weiten Himmel
32Kein Sternlein mehr ich find'!

33Der Fabrikant ist kommen,
34Sagt mir: »mein Herzenskind,
35Wohl weiß ich, wie die Deinen
36In Noth und Kummer sind;
37Drum willst Du bei mir ruhen
38Der Nächte drei und vier,
39Sieh' dieses blanke Goldstück!
40Sogleich gehört es Dir!«

41Ich wußt' nicht, was ich hörte –
42Sei Himmel du gerecht
43Und lasse mir mein Elend,
44Nur mache mich nicht schlecht!
45O lasse mich nicht sinken!
46Fast halt' ich's nicht mehr aus,
47Seh' ich die kranke Mutter
48Und's Schwesterlein zu Haus'!

49Jetzt ruh'n so still sie alle,
50Verloschen ist das Licht,
51Nur in der Brust das Wehe,
52Die Thränen sind es nicht.
53Kannst du, o Gott, nicht helfen,
54So lass' uns lieber gehn,
55Wo drunten tief im Thale
56Die Trauerbirken steh'n! –

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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