Paul Fleming: 15. Andacht (1624)

1Ich lebe, doch nicht ich; derselbe lebt in mir,
2der mir durch seinen Tod das Leben bringt herfür.
3Mein Leben war sein Tod, sein Tod war mir mein Leben,
4nur geh' ich wieder ihm, was er mir hat gegeben.
5Er lebt durch meinen Tod, mir sterb' ich täglich ab.
6Der Leib, mein irdnes Teil, der ist der Seelen Grab,
7er lebt nur auf den Schein. Wer ewig nicht wil sterben,
8der muß hier in der Zeit verwesen und verderben,
9weil er noch sterben kan. Der Tod, der geistlich heißt,
10der ist alsdann zu spat, wann uns sein Freund hinreißt,
11der unsern Leib bringt um. Herr, gieb mir die Genade,
12daß dieses Leibes Brauch nicht meiner Seelen schade.
13Mein Alles und mein Nichts, mein Leben, meinen Tod,
14das hab' ich bei mir selbst. Hilfst du, so hats nicht Not.
15Ich wil, ich mag, ich sol, ich kan mir selbst nicht raten,
16dich wil ichs lassen tun, du hast bei dir die Taten.
17Die Wündsche tu ich nur, ich lasse mich ganz dir.
18Ich wil nicht meine sein. Nim mich nur, gieb dich mir!

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:

Paul Fleming (1609-1640)

* 10/05/1609 in Hartenstein, † 04/02/1640 in Hamburg

männlich, geb. Fleming

natürliche Todesursache - Lungenentzündung

deutscher Schriftsteller und Arzt

(Aus: Wikidata.org)

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