Gottfried Keller: Rot (1850)

1»ich bin rot und hab's erwogen
2Und verkünd es unverweilt!
3Und geköpft sei jeder, welcher
4Das Prinzip nicht mit mir teilt!«

5Also in des Baders Stube
6Hört ich einen, der dies sprach,
7Eben als 'nem feisten Bäcker
8Jener in die Ader stach.

9Und des Blutes muntrer Bogen
10Aus dem dicken drallen Arm
11Fiel dem Sprecher auf die Nase,
12Sie begrüßend freundlich warm!

13Bleich entsetzt fuhr er zusammen,
14Wusch darauf sich siebenmal;
15Doch noch lang rümpft' sich die Nase,
16Fühlt' noch lang den warmen Strahl.

17Eine Ros' im Wetterscheine
18Sah ich blühen brennend rot;
19Einen Becher sah ich glühen,
20Der noch tiefre Röte bot!

21Aber rief etwa die Knospe
22Vorher, daß sie rot wollt sein?
23Schrie der junge grüne Weinstock:
24Ich will geben roten Wein?

25Nein, der ewig goldengrüne
26Baum des Lebens tut das nie,
27Das tut nur die ewig graue,
28Graue Eselstheorie!

29Manches Brünnlein mag noch springen
30In das Gras mit rotem Schein;
31Doch der Freiheit echter, rechter
32Letzter Sieg wird trocken sein.

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:
Author

Gottfried Keller (1819-1890)

* 07/19/1819 in Zürich, † 07/15/1890 in Zürich

männlich, geb. Keller

Schweizer Schriftsteller, Dichter und Maler

(Aus: Wikidata.org)

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