Gottfried Keller: An das Herz (1854)

1Willst du nicht dich schließen,
2Herz, du offnes Haus!
3Worin Freund' und Feinde
4Gehen ein und aus?

5Schau, wie sie verletzen
6Dir das Hausrecht stets!
7Fühllos auf und nieder,
8Polternd, lärmend geht's.

9Keiner putzt die Schuhe,
10Keiner sieht sich um,
11Staubig brechen alle
12Dir ins Heiligtum;

13Trinken aus den goldnen
14Kelchen des Altars,
15Schänden Müh und Segen
16Dir des ganzen Jahrs;

17Werfen die Penaten
18Wild vom Herde dir,
19Pflanzen drauf mit Prahlen
20Ihr entfärbt Panier.

21Und wenn zu verwüsten
22Nichts sie finden mehr,
23Lassen sie im Scheiden
24Dich, mein Herz, so leer!

25Nein! und wenn nun alles
26Still und tot in dir,
27Oh, noch halt dich offen,
28Offen für und für!

29Laß die Sonne scheinen
30Heiß in dich herein,
31Stürme dich durchfahren
32Und den Wetterschein!

33Wenn durch deine Kammern
34So die Windsbraut zieht,
35Laß dein Glöcklein stürmen,
36Schallen Lied um Lied!

37Denn noch kann's geschehen,
38Daß auf irrer Flucht
39Eine treue Seele
40Bei dir Obdach sucht!

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:

Gottfried Keller (1819-1890)

* 07/19/1819 in Zürich, † 07/15/1890 in Zürich

männlich, geb. Keller

Schweizer Schriftsteller, Dichter und Maler

(Aus: Wikidata.org)

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