Kurt Tucholsky: Schall und Rauch (1912)

1Der Name ists, der Menschen zieret,
2weil er das Erdenpack sortieret –
3bist du auch dämlich, schief und krumm:
4Du bist ein Individuum.

5Hier sieht man nun den Dichter walten.
6Er schafft nicht nur die Dichtgestalten,
7nein, er benamset auch sein Kind –
8und nennt es Borkman oder Gynt.

9Wie aber, wenn er in den Dramen
10gediegne bürgerliche Namen
11benutzt und jener Bürger klagt,
12damits der Richter untersagt?

13»du wirst dich von dem Namen trennen!
14Mußt du ihn grade Barnhelm nennen?«
15Der Richter schüttelt das Barett:
16»der Name macht den Kohl nicht fett!«

17Und kurz: Wir werden was ertragen!
18Schon sieht man Doktor Tassow klagen,
19mit ihm in trautestem Verein
20den Grünkramhändler Wallenstein.

21Dem Dichter fällt in seine Leier
22auch der Ap'theker Florian Geyer –
23dem Dichter grausts mit einem Mal:
24Er numeriert sein Personal.

25Wie nennt man nun die Rechtsgelehrten,
26die uns mit diesem Spruch beehrten?
27Wie nennt man also dies Gericht?
28Hier weiß ich keinen Namen nicht.

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Author

Kurt Tucholsky (1890-1935)

* 01/09/1890 in Berlin, † 12/21/1935 in Göteborg

männlich, geb. Tucholsky

Suizid - Überdosis

deutscher Journalist und Schriftsteller

(Aus: Wikidata.org)

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