Kurt Tucholsky: Zensurdebatte (1912)

1Im Reichstag haben sie über Zensur gesprochen
2und alle Mißgriffe derselben fürchterlich gerochen.

3Herr Gothein hat es ausführlich in den Saal hineingeredet,
4groß sei das Debet derselben, aber klein ihr Kredit.

5Und auch Herr Müller-Meiningen hat sich dahin ausgelassen:
6neben England müsse man dieselbe am meisten hassen.

7Dann haben sich aber die Vertreter der Regierung erhoben
8und sagten: man müsse dieselbe ertragen, aber nicht loben.

9Und wenn die Offiziersburschen mit den Dienstmädchen gingen,
10so sei das geheim; über Truppenbewegungen dürfe man nichts bringen.

11Und auch Herr von Tirpitz gehöre wie die Papierverteilung zu denjenigen Sachen,
12deren diskrete Geheimhaltung vor den Feinden uns viele Sorgen machen.

13Und so wurde noch allerhand hin-, beziehungsweise herverhandelt.
14Es steht aber nicht zu befürchten, daß sich in nächster Zeit etwas wandelt.

15Und wie in alten Schultagen fühl ich beklommen:
16Wir haben eine miserable Zensur bekommen!

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:
Author

Kurt Tucholsky (1890-1935)

* 01/09/1890 in Berlin, † 12/21/1935 in Göteborg

männlich, geb. Tucholsky

Suizid - Überdosis

deutscher Journalist und Schriftsteller

(Aus: Wikidata.org)

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