1Einstmals, als ich ein kleiner Junge
2und mit dem Ranzen zur Schule ging,
3schrie ich mächtig, aus voller Lunge,
4hört ich von fern das Tschingderingdsching.
5Lief wohl mitten über den Damm,
6stand vor dem Herrn Hauptmann stramm,
7vor den Leutnants, den schlanken und steifen . . .
8Und wenn dann die Trommeln und die Pfeifen
9übergingen zum Preußenmarsch,
10fiel ich vor Freude fast auf den Boden –
11die Augen glänzten – zum Himmel stieg
12Militärmusik! Militärmusik!
13Die Jahre gingen. Was damals ein Kind
14bejubelt aus kindlichem Herzen,
15sah nun ein Jüngling im russischen Wind
16von nahe und unter Schmerzen.
17Er sah die Roheit und sah den Betrug.
18Ducken! ducken! noch nicht genug!
19Tiefer ducken! tiefer bücken!
20Treten und stoßen auf krumme Rücken!
21Die Leutnants fressen und saufen und huren,
22wenn sie nicht grade auf Urlaub fuhren.
23Die Leutnants saufen und huren und fressen
24das Fleisch und das Weizenbrot wessen? wessen?
25Die Leutnants fressen und huren und saufen . . .
26Der Mann kann sich kaum das Nötigste kaufen.
27Und hungert. Und stürmt. Und schwitzt. Und marschiert.
28Bis er krepiert.
29Und das sah einer mit brennenden Augen
30und glaubte, der Krempel könne nichts taugen.
31Und glaubte, das müsse zusammenfallen
32zum Heile von Deutschland, zum Heil von uns allen . . .
33Aber noch übertönte den Jammer im Krieg
34Militärmusik! Militärmusik!
35Und heute?
36Ach heute! Die Herren oben
37tun ihren Pater Noske loben
38und brauchen als Stütze für ihr Prinzip
39den alten, trostlosen Leutnantstyp.
40Das verhaftet, regiert und vertobakt Leute,
41damals wie heute, damals wie heute –
42und fällt einer wirklich mal herein,
43setzt sich ein andrer für ihn ein.
44Liebknecht ist tot. Vogel heidi.
45Solche Mörder straft Deutschland nie.
46Na und –?
47Der Haß, der da unten sich sammelt,
48hat euch den Weg noch nicht verrammelt.
49Aber das kann noch einmal kommen . . . !
50Nicht alle Feuer, die tiefrot glommen
51unter der Asche, gehen aus.
52Achtung! Es ist Zündstoff im Haus!
53Wir wollen nicht diese Nationalisten,
54diese Ordnungsbolschewisten,
55all das Gesindel, das uns geknutet,
56unter dem Rosa Luxemburg verblutet.
57Nennt ihr es auch Freiwilligenverbände:
58es sind die alten, schmutzigen Hände.
59Wir kennen die Firma, wir kennen den Geist,
60wir wissen, was ein Korpsbefehl heißt . . .
61Fort damit –!
62Reißt ihre Achselstücke
63in Fetzen – die Kultur kriegt keine Lücke,
64wenn einmal im Lande der verschwindet,
65dessen Druck kein Freier verwindet.
66Es gibt zwei Deutschland –: eins ist frei,
67das andre knechtisch, wer es auch sei.
68Laß endlich schweigen, o Republik,
69Militärmusik! Militärmusik–!