Kurt Tucholsky: Nach fünf Jahren (1912)

1Und Vater tot und Bruder tot
2und einer kriegsgefangen;
3und Mutter sitzt in Rentennot:
4Was essen meine Rangen . . . ?
5So stehn wir da im schäbigen Kleid
6und denken an die alte Zeit.
7Und hassen.

8Und hassen jenen Preußengeist,
9der uns geduckt, betrogen.
10Und hassen, was von Orden gleißt.
11Ihr Aar ist fortgeflogen.
12Er hinterließ als armen Rest
13uns nur ein ganz beschmutztes Nest
14und graue Elendsmassen.
15Wir hassen.

16Hör, Bruder, standest du nicht stramm
17vor Knechten und vor Schiebern?
18Du gingst zur Schlacht als Opferlamm.
19Wir fiebern, fiebern, fiebern . . .
20Wach auf! Du warst so lange krank!
21Es dauert nicht ein Leben lang!
22Mußts nur nicht gehen lassen!
23Wir hassen.

24Brenn aus! Brenn aus! Mit Stumpf und Stiel!
25Greif mutig in den Himmel!
26Die Oberschicht – sie zählt nicht viel –
27versinkt in dem Gewimmel.
28In Dreck und Blut und Schlamm und Schmerz
29blieb uns ein warmes Menschenherz.
30Schlag zu mit wuchtigen Hieben!
31Wir lieben!

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:
Author

Kurt Tucholsky (1890-1935)

* 01/09/1890 in Berlin, † 12/21/1935 in Göteborg

männlich, geb. Tucholsky

Suizid - Überdosis

deutscher Journalist und Schriftsteller

(Aus: Wikidata.org)

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