Kurt Tucholsky: Löwenliebe (1912)

1Als jener junge Schopenhauer
2am Löwenkäfig in Berlin
3der gelben Bestien Wollustschauer
4sah stumm an sich vorüberziehn –

5da schrieb er auf in seinem Büchlein:
6»der Löwe liebt nicht vehement.
7Von Leidenschaft auch nicht ein Rüchlein;
8der schwächste Mann scheint mehr potent.«

9Der Wille macht noch kein Gewitter.
10Gehirn! Gehirn gehört dazu.
11Der muskelstarke Eisenritter
12gibt bald im Frauenschoße Ruh.

13Du liebst. Und heller noch und wacher
14fühlt dein Gehirn und denkt dein Herz.
15Der Phallus ist ein Lustentfacher –
16du stehst und schwingst dich höhenwärts.

17Du liebst. Wo andre dumpf versinken,
18bist du erst tausendfältig da.
19Laß mich aus tausend Quellen trinken,
20du Venus Reflectoria –!

21Berauscht – ach, daß ichs stets so bliebe!
22Getönt, bewußt, erhöht, gestuft –
23Das ist die wahre Löwenliebe.
24Du Raubtierfrau!
25Es ruft. Es ruft.

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:
Author

Kurt Tucholsky (1890-1935)

* 01/09/1890 in Berlin, † 12/21/1935 in Göteborg

männlich, geb. Tucholsky

Suizid - Überdosis

deutscher Journalist und Schriftsteller

(Aus: Wikidata.org)

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