Kurt Tucholsky: Der Pfau (1912)

1Ich bin ein Pfau.
2In meinen weißen Schwingen
3fängt sich das Schleierlicht der Sonne ein.
4Und alle Frauen, die vorübergingen,
5liebkosten mit dem Blick den Silberschein.

6Ich weiß, daß ich sehr schön bin.
7Meine Federn
8auf meinem Kopf stell ich oft kapriziös . . .
9Ich hab das weißeste von allen Pfauenrädern;
10ich bin sehr teuer, selten und nervös.

11Ich habe leider ziemlich große Krallen,
12und wenn ich fliege, sieht es kläglich aus.
13Doch, wer mich liebt, dem werde ich gefallen,
14und alle Welt steht vor dem Vogelhaus.

15Klug bin ich nicht. Klugheit ist nicht bei allen,
16viel liegt nicht hinter meiner Vogelstirn.
17Ich will gefallen – immer nur gefallen –
18Ich bin ein schöner Pfau. Ich brauche kein Gehirn.

19Nur singen darf ich nicht. Das ordinäre
20Gekrächz ist nicht zu sehen – wie mein Bildnis zeigt.
21Ich bin ein Pfau.
22Und eine schöne Lehre:
23Wer dumm und schön ist, setzt sich. Siegt. Und schweigt.

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:
Author

Kurt Tucholsky (1890-1935)

* 01/09/1890 in Berlin, † 12/21/1935 in Göteborg

männlich, geb. Tucholsky

Suizid - Überdosis

deutscher Journalist und Schriftsteller

(Aus: Wikidata.org)

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