1Ich lebte mit Frau Sobernheimer;
2sie war so lieb, sie war so nett.
3Wir wuschen uns im selben Eimer,
4wir schliefen in demselben Bett.
5So trieben wir es manches Jahr . . .
6Bis sie den Knaben mir gebar.
7Doch dieser Knabe war kein Knabe.
8Wir hatten in der dunklen Nacht
9als Zeitvertreib und Liebesgabe
10uns dieses Wesen ausgedacht.
11Frau S. war jeden Kindes bar.
12Der Knabe, der hieß Waldemar.
13Und war so klug! – Nach fünfzehn Tagen,
14gelebt im Kinderparadies,
15da konnte er schon Scheibe sagen,
16bis man ihm solches leicht verwies.
17Er setzte sich aufs Tintenfaß
18und machte meinen Schreibtisch naß.
19Er wuchs heran, der Eltern Freude,
20ein braves, aufgewecktes Kind.
21Wir merkten an ihm alle beude,
22wie süß der Liebe Früchte sind.
23Da fragte Mutti ganz real:
24»was wird der Junge denn nun mal –?«
25Hebamme? General? Direktor?
26Bootlegger? Hirt? Ein Schiffsbarbier?
27Verlorner Mädchenheim-Inspektor?
28Biographist? Gerichtsvollziehr?
29Ein Freudenmännchen? Jubilar –?
30Uneinig war das Elternpaar.
31Ein Krach stieg auf, bis zu den Sternen!
32Frau S., die krisch. Die Türe knallt.
33Sie wollt ihn lassen Bildung lernen,
34ich aber war für Staatsanwalt.
35Ein Kompromiß nahm sie nicht an:
36im Kino, als Bedürfnismann.
37Der Lümmel grölte in der Küche
38und fand den Krach ganz wunderbar.
39So ging die Liebe in die Brüche –
40und alles wegen Waldemar?
41Da sprach ich fest: »Mein trautes Glück!
42Wir geben dieses Jör zurück!«
43Gemacht.
44Nun ist Frau Sobernheimer
45wie ehedem so lieb und nett.
46Wir waschen uns im selben Eimer,
47wir schlafen in demselben Bett.
48Und denken nur noch hier und dar
49mal an den seligen Waldemar.