Johann Wolfgang Goethe: Ritter Kurts Brautfahrt (1802)
1Mit des Bräutigams Behagen
2Schwingt sich Ritter Kurt aufs Roß;
3Zu der Trauung soll's ihn tragen,
4Auf der edlen Liebsten Schloß:
5Als am öden Felsenorte
6Drohend sich ein Gegner naht;
7Ohne Zögern, ohne Worte
8Schreiten sie zu rascher Tat.
9Lange schwankt des Kampfes Welle,
10Bis sich Kurt im Siege freut;
11Er entfernt sich von der Stelle,
12Überwinder und gebleut.
13Aber was er bald gewahret
14In des Busches Zitterschein!
15Mit dem Säugling still gepaaret
16Schleicht ein Liebchen durch den Hain.
17Und sie winkt ihm auf das Plätzchen:
18»lieber Herr, nicht so geschwind!
19Habt Ihr nichts an Euer Schätzchen,
20Habt Ihr nichts für Euer Kind?«
21Ihn durchglühet süße Flamme,
22Daß er nicht vorbeibegehrt,
23Und er findet nun die Amme,
24Wie die Jungfrau, liebenswert.
25Doch er hört die Diener blasen,
26Denket nun der hohen Braut,
27Und nun wird auf seinen Straßen
28Jahresfest und Markt so laut,
29Und er wählet in den Buden
30Manches Pfand zu Lieb und Huld;
31Aber ach! da kommen Juden
32Mit dem Schein vertagter Schuld.
33Und nun halten die Gerichte
34Den behenden Ritter auf.
35O verteufelte Geschichte!
36Heldenhafter Lebenslauf!
37Soll ich heute mich gedulden?
38Die Verlegenheit ist groß.
39Widersacher, Weiber, Schulden,
40Ach! kein Ritter wird sie los.
(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)
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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:
Äußere Form
Sprachlich-inhaltliche Analyse
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
* 08/28/1749 in Frankfurt am Main, † 03/22/1832 in Weimar
männlich, geb. Goethe
natürliche Todesursache - Herzinfarkt
deutscher Dichter, Dramatiker, Naturforscher und Politiker (1749–1832)
(Aus: Wikidata.org)
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