1Der Tempel ist euch aufgebaut,
2Ihr hohen Musen all,
3Und hier in meinem Herzen ist
4Das Allerheiligste.
5Wenn morgens mich die Sonne weckt,
6Warm, froh ich schau umher,
7Steht rings ihr Ewiglebenden
8Im heil'gen Morgenglanz.
9Ich bet hinan, und Lobgesang
10Ist lauter mein Gebet,
11Und freudeklingend Saitenspiel
12Begleitet mein Gebet.
13Ich trete vor den Altar hin
14Und lese, wie sich's ziemt,
15Andacht liturg'scher Lektion
16Im heiligen Homer.
17Und wenn er ins Getümmel mich
18Von Löwenkriegern reißt
19Und Göttersöhn auf Wagen hoch
20Rachglühend stürmen an
21Und Roß dann vor dem Wagen stürzt
22Und drunter und drüber sich
23Freund', Feinde wälzen in Todesblut –
24Er sengte sie dahin
25Mit Flammenschwert, der Heldensohn,
26Zehntausend auf einmal,
27Bis dann auch er, gebändiget
28Von einer Götterhand,
29Ab auf den Rogus niederstürzt,
30Den er sich selbst gehäuft,
31Und Feinde nun den schönen Leib
32Verschändend tasten an:
33Da greif ich mutig auf, es wird
34Die Kohle zum Gewehr,
35Und jene meine hohe Wand
36In Schlachtfeldwogen braust.
37Hinan! Hinan! Es heulet laut
38Gebrüll der Feindeswut,
39Und Schild an Schild, und Schwert auf Helm,
40Und um den Toten Tod.
41Ich dränge mich hinan, hinan,
42Da kämpfen sie um ihn,
43Die tapfern Freunde, tapferer
44In ihrer Tränenwut.
45Ach, rettet! Kämpfet! Rettet ihn!
46Ins Lager tragt ihn fort,
47Und Balsam gießt dem Toten auf
48Und Tränen Totenehr!
49Und find ich mich zurück hierher,
50Empfängst du, Liebe, mich,
51Mein Mädchen, ach, im Bilde nur
52Und so im Bilde warm!
53Ach, wie du ruhtest neben mir
54Und schmachtetest mich an,
55Und mir's vom Aug durchs Herz hindurch
56Zum Griffel schmachtete!
57Wie ich an Aug und Wange mich
58Und Mund mich weidete,
59Und mir's im Busen jung und frisch,
60Wie einer Gottheit, war !
61O kehre doch und bleibe dann
62In meinen Armen fest,
63Und keine, keine Schlachten mehr,
64Nur dich in meinem Arm!
65Und sollst mir, meine Liebe, sein
66Alldeutend Ideal,
67Madonna sein, ein Erstlingskind,
68Ein heiligs, an der Brust;
69Und haschen will ich, Nymphe, dich
70Im tiefen Waldgebüsch;
71O fliehe nicht die rauhe Brust,
72Mein aufgerecktes Ohr!
73Und liegen will ich Mars zu dir,
74Du Liebesgöttin stark,
75Und ziehn ein Netz um uns herum
76Und rufen dem Olymp,
77Wer von den Göttern kommen will,
78Beneiden unser Glück,
79Und soll's die Fratze Eifersucht,
80Am Bettfuß angebannt.