1Du bist nicht näher an Gott als wir;
2wir sind ihm alle weit.
3Aber wunderbar sind dir
4die Hände benedeit.
5So reifen sie bei keiner Frau,
6so schimmernd aus dem Saum:
7ich bin der Tag, ich bin der Tau,
8du aber bist der Baum.
9Ich bin jetzt matt, mein Weg war weit,
10vergieb mir, ich vergaß,
11was Er, der groß in Goldgeschmeid
12wie in der Sonne saß,
13dir künden ließ, du Sinnende,
14(verwirrt hat mich der Raum).
15Sieh: ich bin das Beginnende,
16du aber bist der Baum.
17Ich spannte meine Schwingen aus
18und wurde seltsam weit;
19jetzt überfließt dein kleines Haus
20von meinem großen Kleid.
21Und dennoch bist du so allein
22wie nie und schaust mich kaum;
23das macht: ich bin ein Hauch im Hain,
24du aber bist der Baum.
25Die Engel alle bangen so,
26lassen einander los:
27noch nie war das Verlangen so,
28so ungewiß und groß.
29Vielleicht, daß Etwas bald geschieht,
30das du im Traum begreifst.
31Gegrüßt sei, meine Seele sieht:
32du bist bereit und reifst.
33Du bist ein großes, hohes Tor,
34und aufgehn wirst du bald.
35Du, meines Liedes liebstes Ohr,
36jetzt fühle ich: mein Wort verlor
37sich in dir wie im Wald.
38So kam ich und vollendete
39dir tausendeinen Traum.
40Gott sah mich an; er blendete...