Rainer Maria Rilke: Pietà (1900)

1So seh ich, Jesus, deine Füße wieder,
2die damals eines Jünglings Füße waren,
3da ich sie bang entkleidete und wusch;
4wie standen sie verwirrt in meinen Haaren
5und wie ein weißes Wild im Dornenbusch.

6So seh ich deine niegeliebten Glieder
7zum erstenmal in dieser Liebesnacht.
8Wir legten uns noch nie zusammen nieder,
9und nun wird nur bewundert und gewacht.

10Doch, siehe, deine Hände sind zerrissen –:
11Geliebter, nicht von mir, von meinen Bissen.
12Dein Herz steht offen und man kann hinein:
13das hätte dürfen nur mein Eingang sein.

14Nun bist du müde, und dein müder Mund
15hat keine Lust zu meinem wehen Munde –.
16O Jesus, Jesus, wann war unsre Stunde?
17Wie gehn wir beide wunderlich zugrund.

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Rainer Maria Rilke (1875-1926)

* 12/04/1875 in Prag, † 12/29/1926 in Montreux

männlich, geb. Rilke

natürliche Todesursache - Leukämie

österreichischer Lyriker, Erzähler, Übersetzer und Romancier (1875–1926)

(Aus: Wikidata.org)

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