Joseph von Eichendorff: Lustige Musikanten (1839)

1Der Wald, der Wald! daß Gott ihn grün erhalt,
2Gibt gut Quartier und nimmt doch nichts dafür.

3Zum grünen Wald wir Herberg halten,
4Denn Hoffart ist nicht unser Ziel,
5Im Wirtshaus, wo wir nicht bezahlten,
6Es war der Ehre gar zuviel.
7Der Wirt, er wollt uns gar nicht lassen,
8Sie ließen Kann und Kartenspiel,
9Die ganze Stadt war in den Gassen,
10Und von den Bänken mit Gebraus
11Stürzt' die Schule heraus,
12Wuchs der Haufe von Haus zu Haus,
13Schwenkt' die Mützen und jubelt' und wogt',
14Der Hatschier, die Stadtwacht, der Bettelvogt,
15Wie wenn ein Prinz zieht auf die Freit,
16Gab alles, alles uns fürstlich Geleit.
17Wir aber schlugen den Markt hinab
18Uns durch die Leut mit dem Wanderstab,
19Und hoch mit dem Tamburin, daß es schallt' –

20Zum Wald, zum Wald, zum schönen, grünen Wald!

21Und da nun alle schlafen gingen,
22Der Wald steckt' seine Irrlicht' an,
23Die Frösche tapfer Ständchen bringen,
24Die Fledermaus schwirrt leis voran,
25Und in dem Fluß auf feuchtem Steine
26Gähnt laut der alte Wassermann,
27Strählt sich den Bart im Mondenscheine,
28Und fragt ein Irrlicht, wer wir sind?
29Das aber duckt sich geschwind;
30Denn über ihn weg im Wind
31Durch die Wipfel der wilde Jäger geht,
32Und auf dem alten Turm sich dreht
33Und kräht der Wetterhahn uns nach:
34Ob wir nicht einkehrn unter sein Dach?
35O Gockel, verfallen ist ja dein Haus,
36Es sieht die Eule zum Fenster heraus,
37Und aus allen Toren rauschet der Wald.

38Der Wald, der Wald, der schöne, grüne Wald!

39Und wenn wir müd einst, sehn wir blinken
40Eine goldne Stadt still überm Land,
41Am Tor Sankt Peter schon tut winken:
42»nur hier herein, Herr Musikant!«
43Die Engel von den Zinnen fragen,
44Und wie sie uns erst recht erkannt,
45Sie gleich die silbernen Pauken schlagen,
46Sankt Peter selbst die Becken schwenkt,
47Und voll Geigen hängt
48Der Himmel, Cäcilia an zu streichen fängt,
49Dazwischen Hoch vivat! daß es prasselt und pufft,
50Werfen die andern vom Wall in die Luft
51Sternschnuppen, Kometen,
52Gar prächt'ge Raketen
53Versengen Sankt Peter den Bart, daß er lacht,
54Und wir ziehen heim, schöner Wald, gute Nacht!

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:
Author

Joseph von Eichendorff (1788-1857)

* 03/10/1788 in Ratibor, Oberschlesien, † 11/26/1857 in Neisse, Oberschlesien

männlich, geb. Eichendorff

natürliche Todesursache - Lungenentzündung

bedeutender Lyriker und Schriftsteller der deutschen Romantik

(Aus: Wikidata.org)

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