1Traurig kehrt ich eines Abends
2In mein einsam düstres Zimmer,
3Überraschend drin entgegen
4Blinkte mir ein Freudenschimmer.
5Mit dem sichern Blick der Liebe
6Hatt ein Freund den Spalt getroffen,
7Wo des Unmuts düstre Zelle
8Blieb dem Strahl der Freude offen.
9Ha! ich fand des Mannes Büste,
10Den ich höchst als Meister ehre
11Nebst dem schroffen Urgebirge
12Und dem grenzenlosen Meere.
13Ein Gewitter in den Alpen,
14Stürme auf dem Ozeane
15Und das große Herz Beethovens,
16Laut im heiligen Orkane,
17Sind die Wecker mir des Mutes,
18Der das Schicksal wagt zu fodern,
19Der den letzten Baum des Edens
20Lächelnd sieht zu Asche lodern.
21Kämpfen lern ich ohne Hassen,
22Glühend lieben und entsagen,
23Und des Todes Wonneschauer,
24Wenn Beethovens Lieder klagen;
25Wenn sie jubeln, Leben schmetternd,
26Daß die tiefsten Gräber klüften
27Und ein dionysisch Taumeln
28Rauschet über allen Grüften.
29Wenn sie zürnen, hör ich rasseln
30Menschenwillens heilge Speere,
31Und besiegt zum Abgrund, heulend,
32Flüchten die Dämonenheere. –
33Sanftes Wogen, holdes Rieseln;
34Sind des Weltmeers kühle Wellen
35Süß beseelt zu Liebesstimmen?
36Wie sie steigen, sinken, schwellen!
37Auf der glatten Muscheldiele
38Halten Nixen ihren Reigen,
39Keime künftger Nachtigallen
40Träumen auf Korallenzweigen.
41Horch! noch leiser! dem Naturgeist
42Abgelauschte Lieder sind es,
43Die er flüstert in das erste
44Träumen eines schönen Kindes;
45Die er spielt auf Mondstrahlsaiten,
46Ob dem Abgrund ausgespannten,
47Deren Rhythmen in der Erdnacht
48Starren zu Kristallenkanten;
49Und nach deren Zaubertakten
50Rose läßt die Knospe springen,
51Kranich aus des Herbstes Wehmut
52Lüftet seine Wanderschwingen. –
53Ach, Coriolan! vorüber
54Ist das Ringen, wilde Pochen,
55Plötzlich sinds die letzten Töne,
56Dumpf verhallend und gebrochen.
57Wie der Held im schönen Frevel
58Überstürmte alle Schranken,
59Dann – der tragisch Überwundne
60Stehn geblieben in Gedanken.
61Sinnend starrt er in den Boden,
62Sein Verhängnis will Genüge;
63Fallen muß er, stummes Leiden
64Zuckt um seine edlen Züge. –
65Horch! im Zwiespalt dieser Töne
66Klingt der Zeiten Wetterscheide,
67Jetzo rauschen sie Versöhnung
68Nach der Menschheit Kampf und Leide.
69In der Symphonien Rauschen,
70Heiligen Gewittergüssen,
71Seh ich Zeus auf Wolken nahn und
72Christi blutge Stirne küssen;
73Hört das Herz die große Liebe
74Alles in die Arme schließen,
75Mit der alten Welt die neue
76In die ewige zerfließen.