Jean de La Fontaine: Ein Gartenfreund, halb Städter und halb Bauersmann Titel entspricht 1. Vers(1658)

1Ein Gartenfreund, halb Städter und halb Bauersmann,
2Besaß bei einem Dorf ein hübsches Gartenfeld.
3Das hat er voller Fleiß bestellt
4Mit Ampfer und Salat und was man brauchen kann,
5Um Margot Sonntags einen Strauß zu binden:
6Jasmin und Quendel waren dort zu finden.
7Da dies Idyll ein Hase störte, ging der Mann
8Zum Schloßherrn, um darüber Klage vorzubringen.
9»es nimmt«, so sprach er, »abends spät und morgens früh
10Dort seinen Wechsel das verfluchte Vieh.
11Es spottet aller Schlingen,
12Und Steine nicht noch Knüppel können es bezwingen.
13Ein Hexenmeister scheint's zu sein!«
14»ein Hexenmeister?« lacht der Herr; »ich hege Zweifel,
15Doch wär es selbst der Teufel,
16Mein Hektor fing ihn ein!
17Bei Gott, mein Freund, ich werde dich davon befrein!«
18»und wann?« – »Und morgen – unverzüglich.«
19Auf morgen kam man also überein.
20Der Herr erscheint mit Hund und Leuten hinterdrein.
21»frühstücken wir!« sagt er vergnüglich.
22»sind deine Hühner zart? – Sieh da, dein Töchterlein!
23Tritt näher, Schätzchen! Nun, wann soll denn Hochzeit sein?
24Wann haben wir den Eidam hier?
25Man säume nicht, daß man die Sache vorbereite.«
26So knüpft er die Bekanntschaft an mit ihr,
27Gewährt ihr Platz an seiner Seite,
28Nimmt ihre Hand, den Arm und hebt gelind
29Sich aus Respekt nur zag erwehrt,
30Was ihrem Vater kein Gefallen abgewinnt.
31Inzwischen wird die Küche arg geleert.
32»sind deine Schinken frisch? Sie sehn vorzüglich aus!«
33»herr, sie sind Euer.« – »Oh, wir nehmen gern sie mit!«
34Der Herr hält Mahl mit seinem ganzen Haus,
35Auch Hund und Pferde zeigen großen Appetit.
36Der Herr befiehlt herum und nimmt sich viel heraus,
37Trinkt unsers Landmanns Wein
38Und kost sein Töchterlein.
39Dem Frühstück folgt der Jagdtumult.
40Man rüstet, lärmt voll Ungeduld,
41Die Hörner und Trompeten toben drein,
42Es scheint die Hölle los zu sein!
43Wie hat man da den armen Garten zugerichtet!
44Ihr schönen Beete all, ade!
45Ade, Zichorie und Porree!
46Der Biedermann steht wie sein Garten ganz vernichtet.
47Kaum reicht es noch für einen Teller Suppe hin.
48Der Hase saß versteckt in einem Kohlbeet drin;
49Man sucht und hetzt ihn, und er flüchtet
50Schnell durch ein Loch der Hecke, das der Herr zuvor
51Dort hauen ließ; doch war's kein Loch, es war ein Tor,
52Damit man hoch zu Pferde durch die dichten Hecken
53Das Wild verfolgen könne, um es hinzustrecken.
54»ach,« rief verzweifelt unser Mann,
55»das hier sind fürstliche Vergnügen!«
56Jedoch er mußte in Geduld sich fügen,
57Denn keiner hörte seine Klagen an.
58Man jagte weiter um die Wette,
59Als die gesamte Hasenschar aus weiter Runde
60In hundert Jahren angerichtet hätte.

61Ihr kleinen Fürsten, schlichtet euren Streit allein,
62Ihr wäret Narren, zögt ihr Könige hinein.
63Ihr Beistand würde nicht zu eurem Heile frommen,
64O laßt sie nie auf euren Grund und Boden kommen!

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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