1Nun geht in grauer Frühe
2Der scharfe Märzenwind,
3Und meiner Qual und Mühe
4Ein neuer Tag beginnt.
5Ich wall' hinab zum Strande
6Durch Reif und Dornen hin,
7Zu waschen die Gewande
8Der grimmen Königin.
9Das Meer ist tief und herbe,
10Doch tiefer ist die Pein,
11Von Freund und Heimatserbe
12Allzeit geschieden sein;
13Doch herber ist's, zu dienen
14In fremder Mägde Schar,
15Und hat mir einst geschienen
16Die güldne Kron' im Haar.
17Mir ward kein guter Morgen,
18Seit ich dem Feind verfiel:
19Mein Speis' und Trank sind Sorgen,
20Und Kummer mein Gespiel.
21Doch berg' ich meine Tränen
22In stolzer Einsamkeit;
23Am Strand den wilden Schwänen
24Allein sing' ich mein Leid.
25Kein Dräuen soll mir beugen
26Den hochgemuten Sinn;
27Ausduldend will ich zeugen,
28Von welchem Stamm ich bin.
29Und so sie hold gebaren,
30Wie Spinnweb acht' ich's nur;
31Ich will getreu bewahren
32Mein Herz und meinen Schwur.
33O Ortwin, trauter Bruder,
34O Herwig! Buhle wert,
35Was rauscht nicht euer Ruder,
36Was klingt nicht euer Schwert!
37Umsonst zur Meereswüste
38Hinspäh' ich jede Stund':
39Doch naht sich dieser Küste
40Kein Wimpel, das mir kund.
41Ich weiß es: Nicht vergessen
42Habt ihr der armen Maid;
43Doch ist nur kurz gemessen
44Dem steten Gram die Zeit.
45Wohl kommt ihr einst, zu sühnen; –
46Zu retten, ach, zu spät,
47Wann schon der Sand der Dünen
48Um meinen Hügel weht.
49Es dröhnt mit dumpfem Schlage
50Die Brandung in mein Wort;
51Der Sturm zerreißt die Klage
52Und trägt beschwingt sie fort.
53O möcht' er brausend schweben
54Und geben euch Bericht:
55»wohl lass' ich hier das Leben,
56Treue lass' ich nicht!«