Wilhelm Müller: Die Ruinen von Athen an England (1810)

1Laß dir unsern Dank gefallen, Hort der Freiheit, Engeland!
2Hast zum Herrn der hohen Pforte einen edlen Lord gesandt,
3Daß er sich für uns verwende; und er that es ritterlich –
4Griechen, hört, was er errungen hat mit scharfem Federstrich!
5Wenn der jungen Freiheit Blume wird getreten in den Staub,
6Wenn die heil'ge Stadt Athene's wird des rohen Heiden Raub,
7Dann, auch dann, – begreift es, Griechen, – sollen wir doch unversehrt
8Stehn, beschirmt im Sturm der Waffen durch des wilden Feindes Schwert.
9Laß dir unsern Dank gefallen, Hort der Freiheit, Engeland!
10Schade, schade, hast vergebens deinen edlen Lord gesandt.
11Keine Bittschrift kann uns retten – die Ruinen von Athen
12Werden mit den freien Griechen wanken, stürzen, untergehn.
13Lange haben wir gestanden unter Schmach und Schimpf und Leid,
14Mochten kaum uns aufrecht halten in der jammervollen Zeit.
15Fremde kamen hergewandert, staunten uns verwundert an,
16Und wir ließen es geschehen, aber's lag uns wenig dran;
17Ließen messen sie und malen – Keiner malt und mißt den Geist –
18Und sie geben sich zufrieden, wissen sie, wie Jedes heißt.
19Auch ein großer Lord ist kommen, hat von unserm morschen Haupt
20Im Entzücken der Bewunderung uns der Bilder Schmuck geraubt.
21Mag er ziehen mit der Beute! – Heil uns, daß wir fest noch stehn,
22Um der Freiheit Morgenröthe nach so langer Nacht zu sehn!
23Statt der Götterbilder tragen wir das Banner in die Luft,
24Das zum Kampf mit den Barbaren Hellas tapfre Söhne ruft.
25Ach, wenn diese unterliegen, wozu sollen wir denn stehn?
26Habt sie ja in euren Büchern, die Ruinen von Athen.
27Mit der Freiheit letztem Schlage stürzen unsre Mauern ein,
28Und auf jedes Helden Hügel werfen wir noch einen Stein.

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:

Wilhelm Müller (1794-1827)

* 10/07/1794 in Dessau, † 09/30/1827 in Dessau

männlich, geb. Müller

deutscher Dichter des 19. Jahrhunderts (1794-1827)

(Aus: Wikidata.org)

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