Karl Henckell: Ist wahres Liebesglück denn Sturm der Sinne? Titel entspricht 1. Vers(1896)

1Ist wahres Liebesglück denn Sturm der Sinne?
2O nein! Im Sturme der Zusammenklang
3Vermählter Seelen, die zu starker Minne
4Der Sehnsuchtsruf der Geisterwelt durchdrang.
5Die Liebe schaut von morgenreiner Zinne
6In Gärten voller Blumen und Gesang:
7Die Blumen himmelstauerquickt – Gesänge,
8Wie wenn ein Kinderchor zum Licht sich schwänge.

9Wenn ich der Liebe keinen Hymnus schenkte,
10Ich wär' ein heillos undankbarer Mann,
11Der ich mit ihr mein Leben ordnend lenkte,
12Das ohne sie vielleicht zu nichts zerrann.
13Wohl mir, daß ich aus dunklem Trieb versenkte
14Mich in den ungeheuren Seelenbann,
15Darin ich meinen aufgewühlten Geistern
16Den Kraftpunkt gab, sich sammelnd zu bemeistern.

17Erst war's ein Stoß und dann ein zweifelnd Schwanken,
18Ein pendelnd Werben, Flucht und zögernd Nahn,
19Ein wiederkehrend Treiben der Gedanken
20Auf sonnenkreisender Planetenbahn.
21Irrsterne rannten schreckend in die Flanken
22Dem Lichtkern, den sie fest sich bilden sahn.
23Er wuchs und wuchs, trotz allem Widerstande,
24Mit Venus-Jupiter im Schutzverbande.

25Und so geschah's, daß sich der Ring geschlossen,
26Der mir ein Ring des neuen Lebens war,
27Ein goldiger Lichtstrom hat sich ausgegossen
28Auf mein Gemüt, das schon des Schimmers bar.
29Ich habe reine Seligkeit genossen
30Und sah des Glückes Himmel tief und klar –
31Ein Gut gewann ich durch der Liebe Glauben,
32Des warmen Glanz kann mir kein Mißgeist rauben.

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:

Karl Henckell (1864-1929)

* 04/17/1864 in Hannover, † 07/30/1929 in Lindau

männlich, geb. Henckell

deutscher Schriftsteller

(Aus: Wikidata.org)

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