Annette von Droste-Hülshoff: Der Todesengel (1844)

1's giebt eine Sage, daß wenn plötzlich matt'
2Unheimlich Schaudern Einen übergleite,
3Daß dann ob seiner künft'gen Grabesstatt
4Der Todesengel schreite.

5Ich hörte sie, und malte mir ein Bild
6Mit Trauerlocken, mondbeglänzter Stirne,
7So schaurig schön, wie's wohl zuweilen quillt
8Im schwimmenden Gehirne.

9In seiner Hand sah ich den Ebenstab
10Mit leisem Strich des Bettes Lage messen,
11— So weit das Haupt — so weit der Fuß — hinab!
12Verschüttet und vergessen!

13Mich graute, doch ich sprach dem Grauen Hohn,
14Ich hielt das Bild in Reimes Netz gefangen,
15Und frevelnd wagt' ich aus der Todtenkron'
16Ein Lorbeerblatt zu langen.

17O, manche Stunde denk ich jetzt daran,
18Fühl' ich mein Blut so matt und stockend schleichen,
19Schaut aus dem Spiegel mich ein Antlitz an —
20Ich mag es nicht vergleichen; —

21Als ich zuerst dich auf dem Friedhof fand,
22Tiefsinnig um die Monumente streifend,
23Den schwarzen Ebenstab in deiner Hand
24Entlang die Hügel schleifend;

(Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:
Author

Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848)

* 01/10/1797 in Burg Hülshoff, † 05/24/1848 in Burg Meersburg

weiblich, geb. von Droste-Hülshoff

natürliche Todesursache - Lungenentzündung

deutsche Schriftstellerin und Komponistin

(Aus: Wikidata.org)

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