Theodor Storm: Eine Frühlingsnacht (1852)

1Der Kranke liegt auf dem heißen Pfühl.

2Im Fieber hat er die Nacht verbracht;
3Sein Herz ist müde, sein Auge verwacht.

4Er lauscht auf der Stunden rinnenden Sand;
5Er hält die Uhr in der weißen Hand.

6Er zählt die Schläge, die sie pickt,
7Er forschet, wie der Weiser rückt;

8Es fragt ihn, ob er noch leb' vielleicht,
9Wenn der Weiser die schwarze Drei erreicht.

10Die Wartfrau sitzt geduldig dabei,
11Harrend bis Alles vorüber sei. —

12Schon auf dem Herzen drückt ihn der Tod
13Und draußen dämmert das Morgenroth;

14An die Fenster klettert der Frühlingstag,
15Mädchen und Vögel werden wach.

16Die Erde lacht in Liebesschein,
17Pfingstglocken läuten das Brautfest ein;

18Singende Bursche ziehn über's Feld
19Hinein in die blühende, klingende Welt. —

20Und immer stiller wird es drin;
21Die Alte tritt zum Kranken hin.

22Der hat die Hände gefaltet dicht;
23Sie zieht ihm das Laken über's Gesicht.

24Dann geht sie fort. Stumm wird's und leer;
25Und drinnen wacht kein Auge mehr.

(Storm, Theodor: Gedichte. Kiel, 1852.Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

Bitte prüfe den Text zunächst selbst auf Auffälligkeiten und nutze erst dann die Funktionen!

Wähle rechts unter „Einstellungen“ aus, welcher Aspekt untersucht werden soll. Unter dem Text findest du eine Erklärung zu dem ausgewählten Aspekt.

Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:
Author

Theodor Storm (1817-1888)

* 09/14/1817 in Husum, † 07/04/1888 in Hanerau-Hademarschen

männlich, geb. Storm

natürliche Todesursache - Magenkarzinom

deutscher Schriftsteller und Jurist

(Aus: Wikidata.org)

Bitte beachte unsere Hinweise zur möglichen Fehleranfälligkeit!

Gedichtanalysen zu diesem Gedicht