1In den einsamen Stunden des Geistes
2Ist es schön, in der Sonne zu gehn
3An den gelben Mauern des Sommers hin.
4Leise klingen die Schritte im Gras; doch immer schläft
5Der Sohn des Pan im grauen Marmor.
6Abends auf der Terasse betranken wir uns mit braunem Wein.
7Rötlich glüht der Pfirsich im Laub;
8Sanfte Sonate, frohes Lachen.
9Schön ist die Stille der Nacht.
10Auf dunklem Plan
11Begegnen wir uns mit Hirten und weißen Sternen.
12Wenn es Herbst geworden ist
13Zeigt sich nüchterne Klarheit im Hain.
14Besänftigte wandeln wir an roten Mauern hin
15Und die runden Augen folgen dem Flug der Vögel.
16Am Abend sinkt das weiße Wasser in Graburnen.
17In kahlen Gezweigen feiert der Himmel.
18In reinen Händen trägt der Landmann Brot und Wein
19Und friedlich reifen die Früchte in sonniger Kammer.
20O wie ernst ist das Antlitz der teueren Toten.
21Doch die Seele erfreut gerechtes Anschaun.
22Gewaltig ist das Schweigen des verwüsteten Gartens
23Da der junge Novize die Stirne mit braunem Laub bekränzt,
24Sein Odem eisiges Gold trinkt.
25Die Hände rühren das Alter bläulicher Wasser
26Oder in kalter Nacht die weißen Wangen der Schwestern.
27Leise und harmonisch ist ein Gang an freundlichen Zimmern hin,
28Wo Einsamkeit ist und das Rauschen des Ahorns,
29Wo vielleicht noch die Drossel singt.
30Schön ist der Mensch und erscheinend im Dunkel,
31Wenn er staunend Arme und Beine bewegt,
32Und in purpurnen Höhlen stille die Augen rollen.
33Zur Vesper verliert sich der Fremdling in schwarzer Novemberzerstörung,
34Unter morschem Geäst, an Mauern voll Aussatz hin,
35Wo vordem der heilige Bruder gegangen,
36Versunken in das sanfte Saitenspiel seines Wahnsinns,
37O wie einsam endet der Abendwind.
38Ersterbend neigt sich das Haupt im Dunkel des Ölbaums.
39Erschütternd ist der Untergang des Geschlechts.
40In dieser Stunde füllen sich die Augen des Schauenden
41Mit dem Gold seiner Sterne.
42Am Abend versinkt ein Glockenspiel, das nicht mehr tönt
43Verfallen die schwarzen Mauern am Platz,
44Ruft der tote Soldat zum Gebet.
45Ein bleicher Engel
46Tritt der Sohn ins leere Haus seiner Väter.
47Die Schwestern sind ferne zu weißen Greisen gegangen
48Nachts fand sie der Schläfer unter den Säulen im Hausflur,
49Zurückgekehrt von traurigen Pilgerschaften.
50O wie starrt von Kot und Würmern ihr Haar,
51Da er darein mit silbernen Füßen steht,
52Und jene verstorben aus kahlen Zimmern treten.
53O ihr Psalmen in feurigen Mitternachtsregen,
54Da die Knechte mit Nesseln die sanften Augen schlugen,
55Die kindlichen Früchte des Holunders
56Sich staunend neigen über ein leeres Grab.
57Leise rollen vergilbte Monde
58Über die Fieberlinnen des Jünglings,
59Eh dem Schweigen des Winters folgt.
60Ein erhabenes Schicksal sinnt den Kidron hinab,
61Wo die Zeder, ein weiches Geschöpf,
62Sich unter den blauen Brauen des Vaters entfaltet,
63Über die Weide nachts ein Schäfer seine Herde führt.
64Oder es sind Schreie im Schlaf,
65Wenn ein eherner Engel im Hain den Menschen antritt,
66Das Fleisch des Heiligen auf glühendem Rost hinschmilzt.
67Um die Lehmhütten rankt purpurner Wein,
68Tönende Bündel vergilbten Korns,
69Das Summen der Bienen, der Flug des Kranichs.
70Am Abend begegnen sich Auferstandene auf Felsenpfaden.
71In schwarzen Wassern spiegeln sich Aussätzige;
72Oder sie öffnen die kotbefleckten Gewänder
73Weinend dem balsamischen Wind, der vom rosigen Hügel weht.
74Schlanke Mägde tasten durch die Gassen der Nacht,
75Ob sie den liebenden Hirten fänden.
76Sonnabends tönt in den Hütten sanfter Gesang.
77Lasset das Lied auch des Knaben gedenken,
78Seines Wahnsinns, und weißer Brauen und seines Hingangs
79Des Verwesten, der bläulich die Augen aufschlägt.
80O wie traurig ist dieses Wiedersehn.
81Die Stufen des Wahnsinns in schwarzen Zimmern,
82Die Schatten der Alten unter der offenen Tür,
83Da Helians Seele sich im rosigen Spiegel beschaut
84Und Schnee und Aussatz von seiner Stirne sinken
85An den Wänden sind die Sterne erloschen
86Und die weißen Gestalten des Lichts.
87Dem Teppich entsteigt Gebein der Gräber,
88Das Schweigen verfallener Kreuze am Hügel,
89Des Weihrauchs Süße im purpurnen Nachtwind.
90O ihr zerbrochenen Augen in schwarzen Mündern,
91Da der Enkel in sanfter Umnachtung
92Einsam dem dunkleren Ende nachsinnt,
93Der stille Gott die blauen Lider über ihn senkt.